Mit der Rekordzahl von 26 Teams in zwei Staffeln ist die Virtual Bundesliga im November in die Saison 2020/2021 gestartet. In der Division Nordwest führt der 1. FC Köln nach vier Spieltagen die Tabelle mit 20 Punkten vor Bayer Leverkusen (19) und Borussia Mönchengladbach (17) an. Gezockt wird die Fußball-Simulation "FIFA 21", die Playoffs und das Finalturnier werden im März 2021 ausgetragen.
Während von den 36 Profivereinen der 1. und 2. Bundesliga inzwischen die meisten eine eigene eSports-Abteilung haben, sind diese bei den Amateurklubs noch eine absolute Ausnahme. Der SV Horst-Emscher 08 ist nun einer der ersten, der mit dem Trend geht. Wir haben uns mit Mohamed Bouachria, Leiter der bisher erst drei Mann zählenden eSports-Abteilung der Horster, über Zocken auf dem Platz und an der Konsole unterhalten.
FUSSBALL.DE: Mohamed Bouachria, seit wann sind Sie ein Zocker?
Mohamed Bouachria: Angefangen habe ich vor elf Jahren, da war ich 14. In dem Alter ist es für Jungs ja fast normal, dass sie sich für Computerspiele interessieren. Nach der Schule habe ich mich sofort mit einem Freund aus der Nachbarschaft verabredet und dann haben wir FIFA gezockt. Anfangs musste ich mir immer die Playstation von meinem Schwager ausleihen, bis mir meine Eltern endlich eine eigene gekauft haben (lacht) .
"Ich würde nie ein Training sausen lassen, um zu Hause Fifa zu spielen."
Und, waren Sie gleich ein Könner an der Konsole?
Bouachria: Ja, schon! Meine Freunde haben sich meistens beschwert, dass sie immer gegen mich verlieren. Die haben dann schnell die Lust verloren, so dass ich mir andere Gegner suchen musste. Ich habe mich dann im Laufe der Jahre weiter verbessert und war in der Weekend-League, in der man von freitags bis sonntags 30 Spiele machen muss, unter den Top 50 in Deutschland angekommen. Da hatte ich einmal alle 30 Partien gewonnen.
Nicht schlecht! Warum werden Sie kein Profi und spielen in der eSports-Abteilung von Schalke?
Bouachria: Weil ich das nicht hauptberuflich machen möchte! Wenn ich zwei, drei Stunden am Tag zocke, dann ist es auch gut. Ich gehe ganz normal arbeiten und spiele mit meinen Kumpels Fußball im Verein, das ist mir wichtig. Ich würde zum Beispiel nie ein Training sausen lassen, um zu Hause Fifa zu spielen. Gegen Schalke-Profi Tim "Latka" Schwartmann habe ich übrigens schon mal gespielt – und ihn sogar geschlagen!
Im Sommer hat der SV Horst 08 mit Ihnen als Kapitän überlegen die erste Gelsenkirchener E-Stadtmeisterschaft gewonnen. Vermissen Sie ein wenig Konkurrenz im Lager der Amateurfußballer?
Bouachria: Das muss langsam wachsen. Die Stadtmeisterschaft war ein guter Anfang, dadurch werden mehr Spieler auf das Thema aufmerksam. Insgesamt wird ja viel FIFA gespielt, aber meistens nicht zusammen im Verein, sondern alleine zu Hause. Dass man dabei auch mal gegen Fußballer von anderen Vereinen spielt, erfährt man manchmal auch nur zufällig, weil man in der Regel ja Fantasienamen verwendet.
Sie konnten also Ihre Horster Mitspieler noch nicht für FIFA begeistern?
Bouachria: Da kommen schon mal Sprüche wie: "Ach, der eSportler ist da!" (lacht) Das ganze Thema Gaming spricht ja in der Regel eher jüngere Menschen an, sobald man eine Familie hat oder im Beruf zu sehr eingespannt ist, sodass man keine Zeit dafür hat, lässt das Interesse nach. Man muss auch dabei bleiben, sonst verbessert man sich nicht.
Was können Sie besonders gut?
Bouachria: Ich kann ziemlich gut verteidigen, Tacklings sind meine Stärke. Von FIFA 16 bis 20 konnte ich fast alle Tricks, aber bei FIFA 21, das seit kurzem auf dem Markt ist, bin ich noch nicht richtig drin. Da ist der Angriffsmodus besser, da muss ich mich noch zurecht finden.
Im Dezember findet die Qualifikation West für den DFB-ePokal statt. Ist Horst 08 dabei?
Bouachria: Noch haben wir uns nicht angemeldet, aber das ist eine gute Idee, das werden wir die Tage noch machen. Bis es losgeht, müssen meine Teamkollegen Moritz Heidenreich, Aygün Köstekci und ich aber noch viel üben. Es wäre schön, wenn wir dann auch online auf viele andere Amateurkicker treffen, denen wir sonst auf dem Platz gegenüber stehen. Esports hat großes Potenzial, ich denke, dass in der nächsten Zeit weitere Vereine, wie wir, eine eigene Abteilung gründen werden.
Autor/-in: Heiko Buschmann