Er trägt die Nummer 105: Suat Serdar vom FC Schalke 04 ist mit seiner Einwechslung im Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Argentinien der 105. Debütant in der Ära von Bundestrainer Joachim Löw.
Noch nervöser als der Vize-U-21-Europameister 2019 selbst aber war am vergangenen Mittwoch ein ehemaliger Spieler des Oberligisten Hassia Bingen : Mükerrem Serdar. Der ältere Bruder des 22 Jahre alten Profis verfolgte die Neuauflage des WM-Endspiels von 2014 sowie auch das EM-Qualifikationsspiel am Sonntag in Estland am heimischen Fernseher. Im FUSSBALL.DE -Interview verrät der 30-Jährige, wie es ihm dabei ergangen ist.
FUSSBALL.DE: Mükerrem Serdar, warum waren Sie nicht im Stadion in Dortmund?
Mükerrem Serdar: Das ging leider zeitlich nicht, weil ich arbeiten musste. Suat wurde ja relativ kurzfristig nominiert, daher konnte ich mir nicht frei nehmen.
"Bis zum Spiel gegen Argentinien hat sich die Nervosität bei mir noch richtig gesteigert und beim Anpfiff war mein Puls am Anschlag"
Waren Sie von der Berufung genau so überrascht wie Suat?
Serdar: Ja! Ich war an dem Wochenende mit meiner Familie bei ihm in Gelsenkirchen, am Samstag beim Heimspiel gegen Köln in der Arena und auch noch am Sonntagvormittag beim Auslaufen. Wir waren in seiner Wohnung und als er dann zurück kam, hat er erzählt, dass ihn der Bundestrainer versucht hat, zu erreichen und er den Anruf verpasst hat. Als er Herrn Löw dann zurückgerufen hat, konnte er gar nicht richtig glauben, dass er es wirklich war ( lacht ).
Dann hieß es Koffer packen und am Montag ab zum DFB-Treffpunkt.
Serdar: Ich musste am Sonntagabend zurück nach Bingen, aber wir waren alle sehr nervös. Bis zum Spiel gegen Argentinien hat sich das bei mir noch richtig gesteigert und beim Anpfiff war mein Puls am Anschlag. Wir saßen zu Hause vor dem Fernseher, meine Frau, unsere beiden Kinder und ich. Auch meine Eltern waren nicht da, sie sind zurzeit in der Türkei, haben das Spiel aber auch dort live im Fernsehen verfolgt.
{{photo.caption}}
{{photo.copyright}}
In der 72. Minute war es gegen Argentinien so weit: Suat Serdar für Serge Gnabry!
Serdar: Ich kann meine Gefühle kaum in Worte fassen, ich war so stolz auf meinen kleinen Bruder! Er wirkte auf mich überhaupt nicht nervös, sondern in seinen Aktion sehr sicher. Dann kam leider der blöde Fehler.
Durch einen Ballverlust war er am 2:2-Ausgleich der Argentinier nicht unschuldig.
Serdar: Ja, so kann's laufen! Suat war nach dem Spiel, als wir telefoniert haben – das war schon so gegen Mitternacht und ich musste am anderen Morgen um 5 Uhr raus – auch ziemlich geknickt. Er ist immer sehr selbstkritisch und hat klar gesagt, dass das Tor auf seine Kappe geht. Aber das wird ihn jetzt nicht lange runterziehen, denn er hat eine super Entwicklung hinter sich und ist mit Schalke gut in die Saison gekommen. Wir wünschen uns alle, dass es so weiter geht und fahren, so oft es geht, nach Gelsenkirchen oder zu den Auswärtsspielen, um ihn anzufeuern.
Was macht eigentlich Ihre eigene fußballerische Laufbahn?
Serdar: Ich habe seit Ende der letzten Saison eine Pause eingelegt, weil mir doch alles etwas zu viel wurde. Die Familie steht im Vordergrund, wir haben zwei kleine Söhne, Arda und Taha, die auch schon voller Leidenschaft kicken. Der Ältere ist auch schon bei den Minikickern von Hassia Bingen am Ball.
Wächst da der nächste Nationalspieler heran?
Serdar (lacht): In dem Alter, er ist ja erst drei, laufen die Kids doch alle wie ein Knäuel nur dem Ball hinterher. Aber ja, wenn ich genau hinschaue, erkenne ich schon ein bisschen mich und meinen Bruder wieder.
Autor/-in: Heiko Buschmann