David Bruns blickt auf vier schwierige Monate zurück. Am 1. August sank der 22-Jährige im Training bewusstlos zu Boden, als er einen Ball an den Kopf bekam. Nach vier Tagen der Ungewissheit und einem Schädel-Hirn-Trauma kämpft er sich nun zu alter Stärke zurück – und hat etwas Wichtiges gelernt.
"Ich war in einer Art Koma"
„Ich habe gelernt, dass es so schnell vorbei sein kann und ich dankbar sein sollte, gesund zu sein.“ Als David Bruns im Sommer 2015 um einen Stammplatz in der Landesliga-Mannschaft des TSV Burgdorf kämpfte, ahnte er noch nicht, welchen Schock der 1. August für ihn bereithielt.
Der 22-Jährige stand mit seinen Mitspielern auf dem Trainingsplatz. Plötzlich knallte ein Ball an Bruns‘ Hinterkopf. Ohne Vorwarnung. Ohne sich darauf einstellen zu können. Bewusstlos sinkt Bruns zu Boden. Seine Erinnerung setzt erst Tage später wieder ein. Die ersten vier Tage nach dem Unfall sind komplett aus seinem Gedächtnis gelöscht: „Ich war in einer Art Koma.“ Seine Ärzte erzählen ihm später, dass er in diesem Dämmerzustand sogar auf die Toilette gegangen sei, um anschließend wieder in einen tiefen Schlaf zu fallen.
Horror für die Familie
Besonders für die Familie ist die Ungewissheit ein Albtraum. Bruns‘ Mutter durchlebt eine der schwierigsten Phasen ihres Lebens, denn auch die Ärzte scheinen ratlos. „Für sie und meine Brüder war es Horror“, weiß der 22-Jährige.
Als er seine Umwelt wieder bewusst wahrnimmt, stellen die Ärzte motorische Defizite fest, auch das Sichtfeld ist beeinträchtigt. Der Trainingsunfall hatte besonders auf Bruns‘ linke Körperhälfte spürbare Auswirkungen. „Ich sollte beide Arme anheben, doch der linke blieb einfach hängen“, erinnert er sich. Versuche, einen Fußball in der Luft zu halten, missglückten zunächst. Erst mit dem Wechsel zur Reha nach Hessisch Oldendorf, die vier Wochen andauerte, erlebte Bruns endlich Fortschritte. Wenn auch sehr langsam.
„Es war schwer einzusehen, dass nicht alles so klappt, wie vorher“, so Bruns, der unter den Eindrücken im Reha-Zentrum jedoch mehr litt als an seinen eigenen Problemen: „Bei all dem Leid, das ich gesehen habe, dachte ich oft, dass ich gesegnet bin, dass es mir noch so gut ging.“ Im weiteren Verlauf der Reha wurden Bruns‘ Bewegungen immer flüssiger, auch das Jonglieren mit dem Fußball klappte am Ende bereits deutlich besser.
Kopfschutz à la Petr Cech
Mitte September kehrte er wieder in den Alltag zurück. Bruns trat nicht nur seine Ausbildung zum Landschaftsgärtner an, sondern stand 46 Tage nach dem folgenschweren Unfall bereits wieder auf dem Trainingsplatz. Bei hohen Bällen nahmen seine Mitspieler noch Rücksicht auf den Rückkehrer. Für den nötigen Schutz sollte außerdem ein Kopfschutz aus dem Rugby sorgen, den Petr Cech im Fußball zur Berühmtheit verhalf. Bruns‘ Trainer Diego de Marco hatte seinem Schützling dazu geraten.
„Der Kopfschutz war schon beruhigend“, meint Bruns. Allerdings habe er ihn auch ständig an den Unfall erinnert, weshalb er froh war, als er ab Oktober ohne die schwarze Kopfbedeckung auskam. Durch die Trainingseinheiten hofft er, wieder zu alter Stärke zurückzufinden, auch wenn es motorisch immer noch schwierig sei, mit dem Tempo in einem Landesligateam klarzukommen. Sein aktueller Leistungstand? „Bei 50 Prozent, also ganz hinten in der Nahrungskette.“
Enormer Rückhalt
Als er während eines Testspiels in der 70. Minute eingewechselt wurde, sei es aber dennoch ein „geiles Gefühl“ gewesen. Zu spüren, dass es wieder ging. Zu sehen, wie sich auch die Mitspieler für ihn freuten. In der Wintervorbereitung möchte der offensive Mittelfeldspieler nun wieder an den Kader herankommen.
„Er macht schon gute Fortschritte und wird seine Chance bekommen“, verspricht Trainer de Marco. Bevor der Kampf um die Stammplätze erneut beginnt, steht nun erstmal die Winterpause an. Zeit, um sich zu erholen. Zeit, um die vergangenen Monate Revue passieren zu lassen.
Der enorme Zuspruch, den Bruns in dieser schwierigen Phase erfahren hatte, blieb ihm besonders in Erinnerung. Hunderte Nachrichten habe er erhalten. Von der Mannschaft, alten Freunden, selbst Menschen, die Bruns gar nicht kennt, hätten sich telefonisch bei ihm gemeldet. Dieser große Rückhalt erzeugt beim leidenschaftlichen Fußballer auch für die Zukunft ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit: „Es ist wichtig, Familie und Freunde hinter sich zu wissen. Das sollte man pflegen.“