Rhynerns Ex-BVB-Profi: 2 Kisten zum Einstand

Lange Zeit war es still um Salvatore Gambino. Mit seinem Wechsel in die Oberliga Westfalen zum SV Westfalia Rhynern hat der dribbelstarke Offensivspieler eine fünf Jahre andauernde Odyssee beendet, die ihn bis in die 4. Italienische Liga geführt hatte. Ihn, der 45 Bundesliga-Spiele für Borussia Dortmund und den 1. FC Köln absolvierte. Jetzt ist Gambino zurück in Deutschland.

Der 1,74 Meter große Angreifer galt einst als eines der hoffnungsvollsten Talente im deutschen Fußball. In der Jugend durchlief der heute 31-Jährige alle BVB-Teams. Über die U 23 der Borussia schaffte der Deutsch-Italiener später den Sprung zu den Profis. Im Interview mit FUSSBALL.DE spricht Salvatore Gambino über seinen wechselhafte Karriere, unvergessliche Momente, juckende Füße und seine Pläne für die Zukunft.

FUSSBALL.DE: Mit ihrem Wechsel zum Fünftligisten Westfalia Rhynern haben Sie für Aufsehen gesorgt. Warum haben Sie sich für die Oberliga Westfalen entschieden, Herr Gambino?

Salvatore Gambino: Im August des vergangenen Jahres ist mein Sohn Milan zur Welt gekommen. Nach fünf Jahren in Italien und nach Rücksprache mit meiner Frau Miriam haben wir uns entschlossen, die Zelte in Italien wieder abzubrechen. Westfalia Rhynern liegt nur sieben Kilometer von meinem Zuhause entfernt. Bis zu meinen Eltern, die nach wie vor in Schwerte leben, ist es auch nicht weit. Außerdem kenne ich Trainer Björn Mehnert sehr gut. Mit ihm habe ich in der U 23 bei Borussia Dortmund zusammengespielt.

"Der BVB ist mein Verein, dort würde sich für mich der Kreis schließen"

Seit wann sind Sie eigentlich wieder in Deutschland?

Gambino: Seit vier Monaten bin ich wieder zurück. Nachdem ich zunächst bei der Spielergewerkschaft VdV in Duisburg-Wedau am Training für vereinslose Fußballer teilgenommen hatte, war ich einen Monat lang beim Oberligisten ASC 09 Dortmund. In Rhynern bin ich jetzt seit fünf Wochen und sehr froh, dass alles geklappt hat.

Hatten Sie auch andere Anfragen?

Gambino: Ich hatte mehrere Angebote auf dem Tisch, darunter auch eines aus der Regionalliga Südwest. Aber letztlich ist die Wahl auf Rhynern gefallen, weil ich so näher bei meiner Familie sein kann.

Betrachten Sie Ihre Entscheidung als deutlichen Rückschritt?

Gambino: Nein. Ich wollte wieder Spaß am Fußball haben. Mein letztes Jahr in Italien war eine Katastrophe. Das fußballerische Niveau in der Oberliga Westfalen ist vergleichbar mit dem der dritten italienischen Liga.

Sie haben einst mit Borussia Dortmund vor 80.000 Besuchern gespielt. Zu den Heimspielen am Papenloh kommen im Schnitt 300 Zuschauer. Was geht durch den Kopf, wenn Sie die Kabine verlassen?

Gambino: Vor 80.000 Fans zu spielen, war grandios. Beim 1. FC Köln waren es dann immer noch 50.000 Zuschauer. In Koblenz kamen nur noch 15.000 und in Italien waren im Schnitt zwischen 6.000 und 7.000 Zuschauer im Stadion. Das alles spielt für mich aber keine Rolle. Ob vor 100.000 oder 300 Besuchern: Ich gebe immer alles, um ein Spiel zu gewinnen. Natürlich ist der Druck und die Nervosität bei einem jungen Spieler größer, wenn er vor ausverkauftem Haus aufläuft.

Bei ihrem Debüt gegen den SuS Stadtlohn haben Sie nur wenige Minuten nach Ihrer Einwechslung ihr erstes Tor für Rhynern erzielt.

Gambino: Nach vier Monaten ohne Wettkampf haben bei mir schon die Füße gejuckt. Wegen des Trainingsrückstands und der fehlenden Spielpraxis sollte ich in 20 Minuten alles raushauen, was in mir steckt. Es hat ganz gut geklappt, auch wenn ich nur abstauben musste. Den richtigen Riecher scheine ich aber immer noch zu haben. (lacht) Danach wurde ich gleich zweimal zur Kasse gebeten: Für mein erstes Spiel und dann auch noch für meinen ersten Treffer. Zwei Kästen Bier hat mich das gekostet.

Sie haben mit Stars wie Tomás Rosicky, Jan Koller, Dede und Christoph Metzelder zusammengespielt. Gibt es noch Kontakt und von welchem Spieler konnten Sie sich am meisten abschauen?

Gambino: Nach so vielen Jahren verläuft sich das in der Regel. Nur mit Ex-Nationalspieler David Odonkor , der jetzt bei unserem Lokalrivalen und Ligakonkurrenten Hammer SpVgg als Sportlicher Leiter arbeitet, stehe ich noch in ständigem Kontakt. Zu meiner Zeit als BVB-Profi konnte ich mir, was Ballführung, Passgenauigkeit und Tempofußball angeht, am meisten von Tomás Rosicky abschauen.

Welches Ereignis als Profi bleibt unvergessen?

Gambino: Meine beiden Tore in meinem zweiten Heimspiel für den BVB gegen Bayer 04 Leverkusen werde ich nie vergessen. Schade, dass es damals trotz unserer 2:0-Führung nur zu einem Unentschieden gereicht hat. Auch die heißen Revierderbys gegen Schalke 04 und Partien gegen Bayern München fallen mir sofort ein.

Was war für Sie das Lustigste, was Ihnen als Profi passiert ist?

Gambino: Im Winter haben wir mit dem BVB einen Waldlauf gemacht. Ein Spieler kam gerade aus dem Urlaub und konnte das Pensum nicht mitgehen. Weil es schon dunkel war, hat er sich einfach hinter einem Baum versteckt und ist bei der nächsten Runde wieder eingestiegen. (lacht)

Nach ihrer Zeit bei Borussia Dortmund sind Sie zum 1. FC Köln gewechselt, dann nach Koblenz und später zum italienischen Viertligisten Trapani Calcio. Mit welchen Zielen hat es Sie nach Italien gezogen?

Gambino: In Koblenz hatte ich mich verletzt und keinen Vertrag mehr bekommen. Danach habe ich den Schritt ins Ausland gewagt. Für mich war das optimal. Neben den Annehmlichkeiten hatte Calcio auch hohe sportliche Ziele. Ich bin mit dem Verein von der vierten bis in die zweite italienische Liga aufgestiegen. Der Verein ist familiär geführt und mir - neben dem BVB - richtig ans Herz gewachsen. Ich habe noch sehr viele Freunde in Italien. Außerdem leben meine Großeltern in Sizilien, sind gerne und auch oft ins Stadion gekommen. Die Sprache war für mich kein Problem. Ich mag die Mentalität der Menschen und das Meer, darüber hinaus habe ich auch noch gutes Geld verdient.

Warum hat es rückblickend betrachtet für die ganz große Fußballerkarriere nicht gereicht?

Gambino: Immer wenn ich richtig gut drauf war, haben mich Knieverletzungen zurückgeworfen. Ich bin mir total sicher, dass das für mich das entscheidende Hindernis war. Während meiner Zeit in Italien hatte ich dagegen überhaupt keine Probleme mehr. Keine Ahnung, ob es am Klima lag.

Welche sportlichen Ziele verfolgen Sie mit 31 noch?

Gambino: Erst einmal will ich Leistung bringen. Ich habe mich aber nicht auf die Oberliga festgelegt. Wenn ich eine gute Saison spiele und ein Regionalligist anklopft, bin ich für alles offen.

Am liebsten bei Borussia Dortmund, oder?

Gambino: Der BVB ist mein Verein, liegt praktisch vor meiner Haustür. Ich bin dort groß geworden, es würde sich für mich also der Kreis schließen. Die Regionalliga traue ich mir durchaus noch zu. (lacht)

Sie sind gerade auch dabei, sich beruflich ein zweites Standbein aufzubauen. Was haben Sie vor?

Gambino: Ich bin gelernter Bankkaufmann und werde ab dem 1. Dezember als Sachbearbeiter in einem Bankhaus in Hamm meine Arbeit antreten. Im nächsten Jahr werde ich mit dem Bau meines Hauses in Bönen beginnen. Außerdem möchte ich 2016 in der Sportschule Kaiserau meine ersten Trainerscheine erwerben.