Ein Jugendspiel Ende der 80er: Eintracht Freising empfängt den FC Bayern. Auf dem linken Flügel flitzt ein blonder Junge entlang, der so gut ist, dass er bald zu den „Roten“ wechseln wird. Es ist Philipp Bönig. Bei den Bayern kommt er zwar später nicht über die U 23 hinaus, ist aber danach für den MSV Duisburg und den VfL Bochum auf 140 Einsätze in der Bundesliga sowie 96 in der 2. Liga gekommen – und ist heute Trainer beim bayerischen Landesligisten BCF Wolfratshausen. Auch Bönigs jüngere Brüder Sebastian und Vincent starten ihre Fußballer-Karrieren in Freising beziehungsweise nebenan in Moosinning – die neueste Folge unserer Serie „Familienbande“.
Schon der Papa Anton kann gut kicken, hat aber im Gegensatz zu seinen drei Söhnen Torjägerblut. Über die Vorortklubs Eching und Freising landet der heute 64-Jährige in der Jugend ebenfalls bei den Bayern, stürmt aber bei den Senioren wieder für Freising, ehe er Trainer wird. Natürlich lehrt er auch die eigenen Kindern, wie die Kugel läuft, doch die sind ohnehin nicht zu bremsen. „Für uns Jungs gab es fast nichts anderes als Fußball. Ob im Garten, auf der Straße oder früh im Verein, immer war der Ball dabei“, erinnert sich Philipp Bönig und führt lachend aus: „Unsere Mutter ist regelmäßig verrückt geworden, wenn wir wieder alle Pflanzen abgeschossen haben oder wieder einmal eine Scheibe zu Bruch ging.“
Mit Hargreaves in der Bayern-Jugend
Mit 14 verlässt er Eintracht Freising , wo Papa Anton ihn und den etwa eineinhalb Jahre jüngeren Sebastian in der F-Jugend trainiert, und geht zum FC Bayern. Spätere Stars wie der Engländer Owen Hargreaves oder langjährige Bundesliga-Profis wie Daniel Bierofka, David Jarolim, Stefan Wessels und Steffen Hofmann sind seine Teamkollegen.
"Vincent war der Talentierteste von uns drei Brüdern."
Nach zwei Jahren in der Münchner U 23 verlässt er seine Heimat und zieht in den Westen. „Natürlich war es nicht ganz einfach, die gewohnte Umgebung zu verlassen, aber auf der anderen Seite auch nicht verkehrt, flügge zu werden“, bemerkt Philipp Bönig. „Im Ruhrgebiet habe ich mich sofort wohlgefühlt und kann sagen, dass das Revier – dann nach den vielen Jahren beim VfL Bochum – meine zweite Heimat geworden ist.“
Als 2012 sein Vertrag in Bochum ausläuft und sich in Deutschland kein Profiangebot mehr ergibt, nimmt Ferencváros Budapest den Linksfuß unter Vertrag. Seine Frau und die beiden Töchter Emily (heute 14) und Laura (10) ziehen derweil zurück nach Bayern, damit die Kinder nicht alle paar Jahre einen Schulwechsel mitmachen und sich einen neuen Freundeskreis suchen müssen.
Drei Jahre bleibt Philipp Bönig in Ungarn, sammelt wertvolle Auslandserfahrung. Dann ergibt sich für ihn nach dem Ende seiner aktiven Karriere die Gelegenheit, sich in der Heimat beruflich neu zu orientieren und ins Trainergeschäft einzusteigen. Er wird technischer Redakteur in der Pharmaindustrie und übernimmt die A-Jugend der Spielgemeinschaft Sempt Erding .
Ein schöner Anfang, um auch auf der anderen Seite der Kabine möglichst bald weiter oben zu landen. "Wie schon als Spieler, bin ich auch als Trainer sehr ehrgeizig und kann mir vorstellen, auch höhere Mannschaften zu trainieren, nach Möglichkeit im Profifußball“, gibt Philipp Bönig zu. Er absolviert seine Trainerscheine bis zur A-Lizenz und wird im Frühjahr als neuer Trainer des BCF Wolfratshausen für die Landesliga-Saison 2018/19 vorgestellt. Der Saisonstart misslingt, doch nach zuletzt zwei Dreiern in Folge hat sich der Klub aus dem Landkreis Bad Tölz gefangen.
Unter Polster in Wien
Von seinen Brüdern Sebastian und Vincent ist er inzwischen gut 500 Kilometer entfernt. Sebastian, der mittlere, ist nach den Spieler-Stationen Eintracht Freising, Bayern München (beides Jugend), LR Ahlen, Union Berlin sowie BFC Viktoria seit 2012 an der „Alten Försterei“ als Trainer tätig und seit 2014 „Co“ des Zweitligisten Union. Vincent macht auf anderem Wege Karriere. „Er war eigentlich der Talentierteste von uns dreien“, meint Philipp Bönig.
Der heute 28-jährige Vincent Bönig kickt beim FC Moosinning und beim FC Eitting, bevor auch er sich beim FC Bayern versucht. Wie für Philipp und Sebastian reicht es beim Deutschen Rekordmeister allerdings nicht zum Durchbruch und nach zwei Jahren beim FC Ingolstadt II geht Vincent Bönig fürs Studium in die USA und spielt dort am College für die TU Nighthawks. Nach der Rückkehr aus den Staaten geht es für den Mittelfeldmann und Marketing-Experten beruflich bedingt weiter nach Österreich, wo er für die Wiener Viktoria und – unter Ösi-Star Toni Polster – bis zu seinem frühen Karriereende mit Mitte 20 für Vorwärts Brigittenau am Ball ist.
Familientreffen auf der Erdinger „Wiesn“
Der Job hat Vincent Bönig inzwischen auch nach Berlin verschlagen. In wenigen Wochen allerdings kommt es zum großen Familientreffen in der Heimat. „Ende August treffen wir uns traditionell beim Volksfest in Erding. Das ist so etwas die kleine Wiesn“, verrät Philipp Bönig. „Das wird lustig. Natürlich haben wir uns dann immer viel zu erzählen.“
Und wenn ein Ball in der Nähe herumliegt, dann wird gekickt – wie früher im Garten.
Autor/-in: Heiko Buschmann