Aktuelle Nationalspieler in der 4. Liga sind eher die Ausnahme. Stefan Marinovic vom Bayern-Regionalligisten SpVgg Unterhaching ist so eine. Der 24 Jahre alte Schlussmann hütet nicht nur beim ehemaligen Bundesligisten in der vierthöchsten deutschen Spielklasse das Tor, sondern steht auch bei der neuseeländischen Nationalmannschaft zwischen den Pfosten. Mit den „All Whites“ gewann der in Auckland geborene Torhüter vor wenigen Tagen den Ozeanien-Cup. Im Endspiel setzte sich Neuseeland im Elfmeterschießen gegen Gastgeber Papua-Neuguinea 4:2 durch. Marinovic wurde mit zwei gehaltenen Schüssen zum Helden.
Im aktuellen FUSSBALL.DE -Regionalliga-Interview spricht Stefan Marinovic über den Erfolg, seine Heimat und seinen Wunschgegner beim Confed-Cup im Sommer 2017 beim nächsten WM-Gastgeber Russland.
FUSSBALL.DE: Haben Sie schon realisiert, was Neuseeland mit dem Gewinn des Ozeanien-Cups geleistet hat, Herr Marinovic?
Stefan Marinovic: Die Emotionen nach dem Gewinn des Turniers waren riesig. Wir alle genießen gerade die Zeit und freuen uns darüber, dass wir Neuseeland wieder auf die große Fußball-Bühne gebracht haben.
"Was ich zum Beispiel an den deutschen Fußballmannschaften schätze, ist ihr starker Kern. Es gibt in Deutschland mehr Typen"
Im Elfmeterschießen des Finales gegen Papua-Neuguinea haben Sie gleich zwei Schüsse gehalten. Wie haben Sie das erlebt?
Marinovic: Ich war - wie schon während des gesamten Spiels - entspannt. Ich hatte immer das Gefühl, dass wir es schaffen werden. Der erste Elfmeter, den ich parieren konnte, war nicht gut, aber auch nicht schlecht geschossen. Ich hatte die richtige Ecke geahnt, daher war das kein so großes Problem. Beim zweiten Mal musste ich mich ganz lang machen. Mit den Fingerspitzen konnte ich den Ball an den Pfosten lenken. Nach dem Elfmeterschießen sind meine Mannschaftskollegen dann allesamt auf mich draufgesprungen.
Auf welchem Niveau fand das Turnier statt?
Marinovic: Das ist ziemlich schwer zu sagen. Ganz allgemein sind Spiele auf internationalem Level nicht ohne weiteres mit Vereinsfußball zu vergleichen. Fakt ist, dass alle Mannschaften sehr athletisch spielen. Laufen können die Spieler, überspitzt gesagt, den ganzen Tag. Temperaturen von jenseits der 35-Grad-Marke sind sie außerdem gewöhnt. Taktisch hatten die meisten Mannschaften Defizite. Manchmal sind haarsträubende Fehler passiert, die in Deutschland fast undenkbar wären. Dafür kommen auch schon einmal Schüsse aus 30 Metern. Das macht die Partien unberechenbar. Wir waren der Konkurrenz vor allem im taktischen Bereich teilweise weit voraus und damit als Mannschaft am stärksten.
Gleich bei Ihrem ersten Einsatz für Neuseeland im März 2015 gegen Südkorea hatten Sie einen Elfmeter gehalten. Das Spiel ging dennoch 0:1 verloren. Sind Sie ein Elfmeterkiller?
Marinovic: Ich muss dazu sagen: Ich hatte den Strafstoß auch selbst verursacht. Daher stand ich unter Druck, meinen Fehler gutzumachen. Mein Selbstvertrauen in solchen Situationen ist groß, da ich in der Vergangenheit immer mal wieder einen Elfmeter abwehren konnte.
Im Sommer 2017 darf Neuseeland als Ozeanien-Meister am Confed-Cup in Russland teilnehmen. Mit dabei sind unter anderen auch Weltmeister Deutschland, Chile und Mexiko. Wie groß ist schon jetzt die Vorfreude?
Marinovic: Extrem groß. Ich will unbedingt mit Deutschland in einer Gruppe sein. Das wäre für mich ein Traum. Bis dahin muss ich allerdings Leistung bringen. Bisher ist es für mich bei der Nationalmannschaft immer recht gut gelaufen. Darauf ausruhen darf und werde ich mich aber nicht.
Neuseeland gilt bei vielen Menschen als Traum-Urlaubsziel. Wie nehmen Sie Ihre Heimat wahr?
Marinovic: Das höre ich häufig: Ich sage dann immer: Selbstverständlich musst du nach Neuseeland (lacht) . Im Ernst: Als ich vor sieben Jahren meine Heimat verlassen hatte, habe ich erst gemerkt, wie traumhaft es dort ist. Es gibt Strände, Meer, Wald und Berge und damit alles, was du willst, wenn du die Natur magst.
Was machen die Deutschen im Vergleich zu den Neuseeländern anders?
Marinovic: Die Neuseeländer sind entspannter. Man sagt sich oft, dass es schon irgendwie hinhauen wird. Auch Zusagen werden nicht zwingend eingehalten, ohne dass jemand böse ist. Ganz allgemein ist der Stressfaktor geringer. Was ich zum Beispiel an den deutschen Fußballmannschaften schätze, ist ihr starker Kern. Es gibt in Deutschland mehr Typen.
Was ist Ihre Leibspeise?
Marinovic: In Neuseeland ist es ein Gericht aus gekochten Eiern, Speck, Spinat und Pfeffer. In Deutschland esse ich Schweinshaxe am liebsten.
Mit der SpVgg Unterhaching steht demnächst die Vorbereitung auf die neue Saison in der Regionalliga Bayern an. Wie werden die Kollegen auf Ihre Ankunft reagieren?
Marinovic: Ich bin am 18. Juni wieder in Deutschland, habe vom Verein dann noch ein paar freie Tage extra bekommen. Die gesamte Mannschaft hat mir schon ihre Glückwünsche zukommen lassen. Ich freue mich auf das Wiedersehen auf dem Platz. Dann ist aber gleich Arbeit angesagt.
Mögen Sie die Vorbereitungszeit?
Marinovic: Ich mag sie tatsächlich. Man legt schließlich die Grundlagen für eine Saison. Auch Laufeinheiten sind für mich kein Problem. Körper und Geist müssen am Ende übermitteln, dass sie bereit sind.
Was haben Sie sich für die nächste Saison vorgenommen?
Marinovic: Das Ziel des Vereins und auch mein persönliches Ziel ist es, in die 3. Liga aufzusteigen. Es wird allerdings nicht leicht, Meister zu werden und dann auch noch die Aufstiegsrunde zu überstehen.
Autor/-in: Thomas Ziehn/mspw