Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Zweimal eingewechselt, zweimal geknipst: Bayern Münchens Stürmertalent Joshua Zirkzee.[Foto: 2019 Getty Images]
Am Bayern-Horizont scheint mit Teenager Joshua Zirkzee ein neuer "Stern des Südens" aufzugehen. Doch es ist noch Zurückhaltung geboten: Auf einen steilen Aufstieg folgte nicht selten der tiefe Fall. Völlig überhöhte Erwartungen kennen wir nicht selten auch von Kreisliga-Talenten. Kaum rutscht ihnen der Ball im ersten Spiel mal glücklich vom Spann, wird die "Rückkehr des Allmächtigen" gefeiert. Die neueste Ausgabe der FUSSBALL.DE-Kolumne Amateur-Alltag.
"Er ist ein wirklich ein super Junge und hat sich heute belohnt. Er hat sehr viel Potential und bringt Talent mit, das nicht jeder hat." (Bayern-Verteidiger David Alaba nach dem späten 3:1-Erfolg beim SC Freiburg über seinen Teamkollegen und Matchwinner Joshua Zirkzee)
Joshua wer? So mancher Bundesliga-Interessierte mag sich in der vergangenen Woche am Kopf gekratzt haben, während er das Bayern-Gastspiel in Freiburg verfolgte. Die Geschichte könnte aus den ersten Drehbuch-Seiten eines überkitschigen Hollywood-Films stammen: Bayern-Trainer Hansi Flick steht mit seinem Team kurz vor Abpfiff vor einem überraschenden Punktverlust beim haushohen Außenseiter aus Freiburg. Die Stimmung im Schwarzwald-Stadion ist hitzig. Die Heim-Fans wittern eine kleine Sensation gegen den Rekordmeister. Flick setzt alles auf eine Karte: Er nimmt seinen Mittelfeld-Star Coutinho vom Platz und wirft überraschend den gerade einmal 18-jährigen Joshua Zirkzee als zusätzlichen Mittelstürmer ins kalte Wasser. 104 Sekunden später folgt dann die Szene, die passenderweise mit dem schmetternden "My heart will go on" aus dem "Titanic"-Soundtrack unterlegt werden sollte: Mit seinem ersten Ballkontakt in seinem ersten Bundesliga-Spiel setzt Zirkzee den Ball in die Maschen. Durch die Beine des Torwarts, rein ins Glück. Nachspielzeit, Ekstase, Jubeltraube. Der Niederländer schwingt sich in nicht mal zwei Minuten zum Matchwinner auf.
Dass Vorlagengeber Serge Gnabry im Anschluss noch mit dem 3:1 den Deckel drauf macht – geschenkt. Der gefragte Mann nach dem Spiel ist der drittjüngste Bundesliga-Torschütze der Bayern-Historie, lediglich Roque Santa Cruz und Teamkollege Alphonso Davies waren bei ihrem ersten FCB-Treffer noch ein paar Monate jünger. Und an diesem Wochenende liefert der Youngster direkt das zweite Kapitel der gleichen Geschichte: 83 Minuten rennen die Bayern vergebens gegen Wolfsburg an, dann kam Zirkzee für Coutinho. Keine drei Minuten später knipst Zirkzee zum erlösenden 1:0, Gnabry macht danach den Deckel drauf. Dieses Last-Minute-Konzept geht bei den Bayern derzeit blendend auf.
"Der glaubt, er könnte im Herrenbereich immer noch knipsen wie bei den Hosenscheißern! Dem zeigen wir heute mal, wie die Erwachsenen so spielen!"
Kaum verwunderlich, dass Zirkzee dieser Tage die Schlagzeilen beherrscht. Es ist allerdings Vorsicht geboten: Wie viele Top-Talente wurden nach einer Handvoll Spielen bereits in den Himmel gehoben und zerbrachen am Ende an den übermenschlichen Erwartungen? Insofern sind alle Beteiligten gut beraten, den Ball erstmal so flach wie möglich zu halten – was im heutigen Medienzeitalter natürlich nicht ganz so einfach ist.
Für die Kreisliga-Teams erscheint es vermeintlich einfacher, ihren Nachwuchs auf dem Boden der Tatsachen zu halten. Die Lokalsport-Schlagzeilen des "Berchtesgardener Anzeigers" erreichen einerseits nur eine kleine Leserschaft, andererseits sind sie im Regelfall weniger reißerisch als die Breaking-News der "Bild", die ein "Sturm-Juwel" und potenziellen Lewandowski-Nachfolger beschreibt. Wenn der junge Linus Müller in seinem ersten Kreisliga-Spiel gegen die Rumpel-Truppe aus dem Nachbardorf netzt, fällt dem geneigten Leser wohl kaum vor Erstaunen die Kaffeetasse aus der Hand: "Linus wer?!" Er wird auch eher nicht zum Smartphone greifen und hastig nach "Linus Meyer" googeln, um dessen Stationen und Statistiken der vergangenen Jahre zu recherchieren. Dennoch: Der Amateurfußball spielt sich vor allem in ländlichen Regionen in eigenen Mikrokosmen ab, in denen jeder jeden kennt. Sollte Sportsfreund Meyer auch in seinem zweiten Herrenspiel knipsen, haben ihn die gegnerischen Trainer schnell auf dem Radar: "Leute, ihr müsst auf den jungen Neuner aufpassen. Der glaubt, er könnte im Herrenbereich immer noch knipsen wie bei den Hosenscheißern! Dem zeigen wir heute mal, wie die Erwachsenen so spielen!"
Bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Es ist längst nicht nur das Umfeld, das einen jungen Spieler womöglich viel zu früh über den grünen Klee lobt. In vielen Fällen sind es die "Talente" selbst, die sich schon in jungen Jahren – nach sechs Toren in der A-Junioren-Bezirksliga – für den einzig legitimen Nachfolger von Lionel Messi halten. Jugendlicher Leichtsinn ist sicher ein Stück weit zu entschuldigen, aber wer schon mit 17 Jahren auf einem Dorfsportplatz in Ostfriesland in Cristiano-Ronaldo-Manier zu einem Freistoß aus dem Halbfeld anläuft, der sollte sich über eine "erwachsene" Zweikampfführung seiner Gegenspieler nicht wundern. Auch übertriebene Übersteiger oder andere Sperenzchen mit dem Ball könnten unsanft gebremst werden. Der Grat zwischen Coolness und Provokation ist schmal. Zu den goldenen Regeln der Jugendspieler gehört also eine gewisse Form von Demut und Zurückhaltung. Innerhalb der Truppe gibt es Traditionen und Rituale, die sie oftmals in die Spur weisen: Beim Eckchen-Spiel müssen sie als erstes in die Mitte, die Tore werden von ihnen hin- und hergeschleppt und auf der Weihnachtsfeier gehört es zum Pflichtprogramm, dass sie sich bei einem Ständchen zum Affen machen. Da mussten alle durch.
Die Jungspunde sollten sich vor Augen halten, dass zwischen der Vorwärts-Kampfbahn in Benenbröök und dem Camp Nou in Barcelona knapp 100.000 Zuschauer Unterschied liegen. Die übertriebene Selbstdarstellung fängt häufig schon im Kleinen an. Wer alle zwei Monate mit einem anderen, stets brandneuen Bolzer-Modell von Ronaldo oder Messi über den heimischen Acker trabt, erntet mehr Kopfschütteln als anerkennende Blicke. Leider schießen die 300- bis 400-Euro-Treter bis heute noch keine Tore selbst, der Krummfuß in ihnen bleibt schließlich der gleiche. Gut gemeinter Tipp: Lieber zwei Stunden mehr auf dem Trainingsplatz verbringen als in den Schlangen der Nike- oder Adidas-Stores. Wer mehr Instagram-Bilder von seinen Fußballschuhen hochgeladen als Tore in der Saison geschossen hat, sollte seine Motivation durchaus hinterfragen.
In jedem Team – egal ob Profi- oder Amateurtruppe – gibt es nun mal ein Mannschaftsgefüge, eine Hierarchie. Selbstverständlich sollen und müssen auch die Nachwuchsspieler ihren Mund aufmachen. Keiner sollte sich in irgendeiner Form verkriechen. Und man wundert sich, wie schnell einige Youngster in Führungsrollen hineinwachsen. Das geht in den meisten Fällen aber eben mit starker Leistung auf dem Platz einher – und nicht mit Instagram-Likes für Fußball-Pics. Auch bei der Verteilung der Rückennummern stellt sich der Nachwuchs zunächst lieber hinten an. Die Nummer zehn geht in der Regel an einen verdienten Spieler und nicht an die U21-Kicker über – es sei denn, darunter ist der Trainersohn. In diesem Sonderfall ist die Nummer zehn und der Stammplatz auf der Spielmacherposition – völlig unabhängig von Alter oder Fähigkeiten – natürlich ungeschriebenes Gesetz. So leicht hat es ein Joshua Zirkzee bei Hansi Flick jedenfalls nicht…
Joel Grandke, Buchautor und aktiver Amateurkicker aus Hamburg, spürt in seiner wöchentlich auf FUSSBALL.DE erscheinenden Kolumne der Faszination Amateurfußball nach. Stets mit einem Augenzwinkern.
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