Da ist den Verantwortlichen der Offenbacher Kickers ein Coup gelungen: Am vergangenen Mittwoch stellte der Südwest-Regionalligist Oliver Reck als neuen Trainer vor. Der Europameister von 1996 gibt gleich hohe Ziele aus.
Der frühere Nationalspieler Reck hatte einst bei den Offenbacher Kickers erste Erfahrungen als Profifußballer gesammelt. Später wurde er mit Werder Bremen zweimal Deutscher Meister (1988, 1993) und zweimal DFB-Pokalsieger (1991, 1994) und gewann 1992 den Europapokal der Pokalsieger. Reck stand außerdem im Kader der deutschen Nationalmannschaft, der 1996 den EM-Titel holte.
Im aktuellen FUSSBALL.DE -Interview formuliert der 50-Jährige seine Ziele nachdrücklich: „Wir wollen dorthin zurück, wo dieser Verein mal war – Bundesliga oder 2. Bundesliga. Das ist unser Ziel.“
FUSSBALL.DE: Herr Reck, ist Ihre Rückkehr zu den Offenbacher Kickers auch eine Herzensangelegenheit?
"Wir wollen dorthin zurück, wo dieser Verein mal war – Bundesliga oder 2. Bundesliga. Das ist unser Ziel"
Oliver Reck: In gewisser Weise schon, ja. Grundsätzlich bin ich mit solchen Formulierungen vorsichtig. Im Fußballgeschäft heutzutage bleibt kaum Zeit für Herzensangelegenheiten. Es ist alles sehr schnelllebig geworden. Besonders als Trainer hat man gar keine Zeit, in Ruhe mal etwas aufzubauen. Das ist teilweise schon extrem. Umso mehr freue ich mich, dass es hier anders ist. Ich habe einen Vertrag über zweieinhalb Jahre unterschrieben. Wir wollen auf Kontinuität setzen. Ich bin davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist.
Was bedeuten Ihnen die Offenbacher Kickers?
Reck: Ich habe den Verein in all den Jahren immer im Auge behalten, das ist doch ganz klar. Hier habe ich meine ersten Schritte in den Profifußball gemacht. Ich war damals 18 Jahre alt und durfte das Tor eines Bundesligisten hüten. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Dafür bin ich dankbar. Ich möchte in gewisser Weise auch etwas zurückgeben.
Ist es also auch eine Rückkehr in die Heimat?
Reck: Natürlich. Meine Familie lebt in der Nähe, ich habe in der Nähe noch viele Freunde. Obwohl meine Zeit bei den Offenbacher Kickers inzwischen über 30 Jahre zurückliegt, kenne ich noch denen einen oder anderen hier. Das zeigt auch, dass dieser Klub etwas ganz Besonderes ist. Wir wollen dorthin zurück, wo dieser Verein mal war – Bundesliga oder 2. Bundesliga. Das ist unser Ziel.
Das sind hohe Ziele.
Reck: Aber wir wollen diesen Weg gemeinsam gehen. Es wird ein schwerer und steiniger Weg, das ist allen klar. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir ihn gemeinsam meistern können. Wir müssen jetzt loslegen. Nur Worte bringen uns nicht weiter.
Über welchen Zeitraum sprechen Sie?
Reck: Ich möchte mich da gar nicht so konkret festlegen. Ich habe selbst als Fußballer oft genug erfahren müssen, dass zeitliche Planungen überhaupt keinen Sinn machen, weil schon Kleinigkeiten alles durcheinanderbringen können. Wir wollen es so schnell wie möglich schaffen. Aber wir brauchen Geduld.
Wie sehen Sie die aktuelle Situation?
Reck: Genau das ist unser Thema. Die Realität sieht derzeit anders aus. Wir haben neun Punkte Rückstand auf die Vereine, die derzeit die Relegationsplätze belegen. Das ist ein ordentlicher Abstand. Aber es ist nicht unmöglich, in das Rennen noch einmal eingreifen zu können. Wir haben die gesamte Rückrunde noch Zeit dafür. Aber selbst wenn wir das schaffen sollten, würden uns ja noch zwei ganz schwere Aufstiegsspiele bevorstehen …
… in denen die Offenbacher Kickers in der vergangenen Saison gescheitert sind.
Reck: Das war extrem bitter für den Verein. Die Offenbacher Kickers waren in der Regionalliga Südwest absolut überzeugend mit zehn Punkten Vorsprung auf den Zweiten Meister. Und dann kamen die Relegationsspiele gegen den 1. FC Magdeburg, die sie verloren haben. Da sieht man, wie unglaublich schwer der Aufstieg in die 3. Liga ist. Andererseits erkennt man auch, dass es danach schnell weiter nach oben gehen kann. Magdeburg hat sich direkt in der absoluten Spitzengruppe etabliert und kann eventuell noch den Durchmarsch schaffen.
Lief auch wegen dieser Enttäuschung die Hinrunde dieser Saison nicht wie gewünscht?
Reck: Ich glaube, da sind ganz verschiedene Gründe zusammengekommen. Allerdings möchte ich gar nicht mehr allzu viel zurückschauen. Das können wir ja sowieso nicht mehr ändern. Wir sollten nach vorne blicken. Das sind die Dinge, die wir beeinflussen können.
Viele Fans setzen große Hoffnung in Sie. Einige nennen Sie den Heilsbringer. Wie stehen Sie dazu?
Reck: Das ist natürlich maßlos übertrieben. Ich bin kein Heilsbringer. Es freut mich, dass ich so wohlwollend empfangen worden bin. Diesen Vertrauensvorschuss möchte ich gerne zusammen mit der Mannschaft als Ansporn nehmen. Das muss uns motivieren.
Wie sind Sie vom Team aufgenommen worden?
Reck: Sehr gut. Alle sind sehr wissbegierig und ziehen voll mit. Viel Zeit war ja bis jetzt noch nicht. Am Mittwoch bin ich vorgestellt worden. Danach hatten wir abends ein Testspiel. Da war ich noch eher der interessierte Zuschauer als der Trainer. Meine Arbeit hat eigentlich am Donnerstag erst richtig begonnen. Wir haben jetzt noch vier Wochen Zeit. Dann beginnt die Rückrunde, dann müssen wir unsere Aufholjagd starten.
Autor/-in: Martin Schwartz