Amateurfußball-Klischees: Was ist dran?
Pumakäfig und Bibliothek: Die Kabine der Holzpfosten. [Foto: 2014 Getty Images]
Sonntagnachmittag auf einem Amateurfußballplatz in Deutschland: 22 Betrunkene rennen einem Ball hinterher, rotzen im Minutentakt ohne jegliche Manieren auf den Rasen und tauchen anschließend in die Kabinenoase der schweißigen Düfte ab - das besagen jedenfalls die Klischees! Doch stimmt alles, was zum Männer- bzw. Amateurfußball verbreitet wird? Wir haben bei Kai Kunsmann von unserem FUSSBALL.DE-Team des Jahres nachgefragt und sind unter anderem auf ganz neue literarische Vorlieben der Kreisligakicker gestoßen - in der Umkleidekabine.
FUSSBALL.DE: Kai Kunsmann, der Volksmund sagt, dass Fußballer einfach gestrickt sind – in der Kabine geht es immer nur um Frauen, Alkohol und Autos.
Kai Kunsmann: In den meisten Fällen wird das wahrscheinlich zutreffen, aber bei uns sind das nicht die Themen! Wir haben relativ viele Studenten, da geht es dann eher um die Uni. In unserer Kabine haben wir mittlerweile sogar schon ein kleines Bücherregal angelegt - mit alter Lektüre über Fußball und Fußballweisheiten. Mittlerweile stehen da schon sieben oder acht Bücher drin! Vor oder nach dem Spiel wird ein Spieler ausgelost, der dann ein Kapitel aus dem Buch lesen muss. Beispielsweise weil er einen falschen Einwurf im Spiel gemacht hat. Alles also ziemlich intellektuell bei unserer ersten Mannschaft!
Fußballer haben keine Manieren. Warum sonst rotzen sie immer auf den Platz?
Kunsmann: Wenn ich jetzt von mir sprechen würde, dann würde das passen! (lacht) Auf dem Platz habe ich da eher wenige Manieren. Je nachdem wer da ist, weiß ich mich allerdings auch mal zu benehmen. Im Großen und Ganzen denke ich aber, dass wir Fußballer relativ wenige Manieren haben, ganz besonders, wenn wir zusammen unterwegs sind!
Wirst Du vorsichtiger, wenn Deine Freundin am Seitenrand steht?
Kunsmann: Ja, aber nur ein bisschen! Man verhält sich dann auch nicht so, wie man es eigentlich tun sollte. Dafür sind auf dem Platz zu viele Emotionen, da denkt man dann nicht mehr so sehr über die eigene Freundin am Seitenrand nach.
Männer können nicht verlieren!
Kunsmann: Dem stimme ich voll zu! Das gilt für Männerfußball aber auch für Frauenfußball. Keiner mag es gerne zu verlieren, Männer wie Frauen nicht.
In der Männerumkleide stinkt's nach dem Spiel wie im Pumakäfig!!
Kunsmann: (lacht) Das ist aber auch vor dem Spiel bei uns so! Manche waschen ihre Trikots nicht, weil sie keine Zeit gehabt haben - die anderen holen ihre Tasche erst einen Tag oder eine Stunde vor dem Spiel aus dem Auto, was mir persönlich auch ab und an passiert. Dann stinkt es manchmal auch schon vor dem Spiel wie im Pumakäfig!
In der Kreisliga laufen 22 Betrunkene einem Ball hinterher
Kunsmann: Das kann ich gar nicht unterschreiben! Zu unseren Anfängen in der Kreisliga C gab es da vielleicht die ein oder andere Mannschaft, aber das hat sich gewaltig geändert. Außer natürlich, wenn ein Geburtstag oder eine Hochzeit am Vortag anstand, dann kann das durchaus auch mal anders aussehen!
Fußballer sind wehleidig, wälzen sich nach harmlosen Fouls minutenlang auf dem Boden.
Kunsmann: Also ich bin eher der Typ, der direkt aufsteht und je nach Art des Fouls den Gegner damit konfrontiert. Es gibt aber auch zwei oder drei Mann in unserer Mannschaft, die sich etwas länger auf dem Boden wälzen, um vielleicht noch eine gelbe Karte für den Gegner herauszuholen oder das Ergebnis über die Zeit zu retten.
Fußball ist ein Sport für Dumme!
Kunsmann: Das würde ich gar nicht sagen! Es ist ja nicht mehr so, dass 22 Verrückte einem Ball hinterherrennen. Das heutige Spiel ist von Taktik geprägt und selbst während des Spiels kann eine Ausrichtung nochmal komplett verändert werden. Zudem haben wir ja unsere Bibliothek in der Kabine, die diesem Klischee eindeutig widerspricht!
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