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Unterwegs |19.09.2023|10:25

Auf Deutschland-Reise: SV Hummetroth

Der SV Hummetroth: Seit dem Investor-Einstieg im Jahr 2017 ein Verein auf dem Vormarsch.[Foto: Getty Images/ Kaspar-Bartke]

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Der DFB ist der weltweit größte Sportverband. 24.159 Vereine sind unter seinem Dach und über die Landesverbände registriert. Doch wie sieht es bei ihnen im Einzelnen aus: Welche Geschichte bewegt sie, welche Gegenwartsthemen und was bringt die Zukunft? Wir haben fünf Vereine aus den fünf Regionalverbänden besucht und Geschichten gesammelt: über die richtige Dicke von Pommes in Herne, Regenschirm-Mythen in Ostfriesland, die Kraft der Geschichte in Leipzig, Frauen-Power aus Wörrstadt und Monopoly-Scheine im Odenwald. Vierter Verein der Deutschland-Reise ist der SV Hummetroth.

Es ist ein Jahr her, da standen sich im Odenwälder Kreispokalfinale der SV Hummetroth und der TSV Hoechst gegenüber. Mit dabei auf der Tribüne war Stefano Trizzino, gebürtiger Hesse, Sohn sizilianischer Einwanderer – und Mäzen des Sportvereins aus Hummetroth. Während der Partie bewarfen ihn Hoechster Fans mit Monopoly-Scheinen. Die Erinnerung daran schmerzt. Trizzino war Spieler beim TSV, er war Sponsor und im Vorstand des südhessischen Klubs. Und dann dieser Hass

Es ist ein altes Lied im deutschen Fußball, – egal ob bei den Amateuren oder den Profis. Geld in Vereine stecken, das nicht aus den traditionellen Quellen sprudelt, sondern aus der Kasse einer einzelnen Person stammt, und schnell ist die Hölle los; es geht dann um Dinge wie Wettbewerbsverzerrung und fehlende Nachhaltigkeit, zu viele Negativbeispiele gab es schon. So wurde auch Hummetroth, wo am Dorfrand ein Vereinsheim und ein Rasenplatz liegen, die zusammen nichts von Spielzeug oder Retorte haben, sondern wie aus dem Romantik-Brevier des Fußballs herausgeschnitten scheinen, zum überregionalen Thema. Denn kleiner geht es eigentlich nicht und auch kaum erstaunlicher, wenn man genauer hinsieht, was da auf der Wiese im Blickfeld von Burg Breuberg so vonstattengeht. Vor ein paar Jahren spielte Hummetroth noch in der Kreisklasse C, jetzt mischt der SV in der Gruppenliga mit. Dazwischen lagen fünf Aufstiege.

Hinter dem Vereinsheim steht ein Müllcontainer, der mit Bauabfällen gefüllt ist. Daneben warten zwei 80er-Jahre-Schreibtische auf ihren Abtransport. Einmal drum herumgelaufen, und Luca Trizzino, der 20 Jahre alte Sohn des Mäzens, wartet auf den Besucher, um ihn ins Vereinsheim zu führen. Man reibt sich die Augen, was die finanzielle Unterstützung des Vaters seit der ersten Überweisung 2017 so angestellt hat. Es gibt eine kleine, aus der alten Turnhalle herausgeformte "Soccerhall" und die "Wirtschaft" wurde gerade renoviert. Gegenüber liegt die Kabine der 1. Mannschaft, alles edel und vom Feinsten, so gar nicht amateur-like. "So was findet man nicht mal bei manchem Regionalligisten", sagt Danny Klein, der sich gerade von der Massagebank erhebt. Der 31-Jährige ist seit 2022 Spieler bei Hummetroth, ein Vertragsamateur mit Verbands- und Hessenliga-Erfahrung. Dorthin will er "zurück", so wie die anderen Spieler auch. Alle wurden höherklassig ausgebildet, sogar in Serbiens erster Liga wie Torhüter Branimir Aleksić. Trizzino hat sie geholt, um bis hinauf zur Hessenliga aufzusteigen, in der noch kein Odenwald-Verein jemals gespielt hat, wie er sagt.

"Alles, was ich bin, habe ich Deutschland und vieles dem Fußball zu verdanken."

Natürlich erzeuge das Missgunst, sagt Stefano Trizzino, der gerade geschäftlich in New York ist, am Telefon. Drei Firmen betreut der 56-Jährige als Geschäftsführer für eine italienische Eigentümer-Familie. Schwerpunkt ist der Vertrieb von Lasertechnik. Eine weitere Firma hat er selbst aufgebaut. Sie soll die Ambitionen seines Sohnes fördern, der Sportmanagement studiert und einen Stützpunkt für Fußballcamps entwickeln will. Das ist der Geschäftsplan hinter den Investitionen, die Vater und Sohn Trizzino in das Vereinsheim, eine Tribüne für rund 1.000 Zuschauende, den einzigen Rasenplatz und Spieler stecken, um sich einen Standortruf für die Zukunft zu erarbeiten. Alles andere soll bitte bleiben, wie es schon immer war.

Vor allem das Familiäre, das auch in Hummetroth den SV verkittet. An diesem Nachmittag kümmert sich Stefano Trizzinos Onkel Rosario um die Wirtschaft. Der 73-Jährige lebt seit 40 Jahren im Odenwald, er ist eine Frohnatur und fordert Bernd Gunkel heraus, dem er "Rigatoni Arrabiata" anbietet. Gunkel, ein Hummetrother Urgestein, der "mit der Frau" die Spielerklamotten wäscht, winkt ab. "Nur Odenwälder Kartoffeln" entgegnet er und grinst in sich hinein. Gunkel findet’s gut, was die Trizzinos auf die Beine stellen. Sie sind ja keine Glücksritter, sondern schon immer irgendwie da gewesen. Stefano Trizzino ging als Baby mit den Großeltern nach Sizilien zurück, mit sechs Jahren war er wieder da. Ein Ausländer, der kein Deutsch konnte. "Der Fußball hat mich integriert", erzählt er. Das will er durch sein Engagement wieder zurückgeben, denn "alles, was ich bin, habe ich Deutschland und vieles dem Fußball zu verdanken."

Trizzino, dessen Idol der Sinsheimer TSG-Gönner und Umlandsentwickler Dietmar Hopp ist, hofft auf die Anziehungskraft seines Investments, viele Soccercamps und viele junge Fußballer, von denen es in Hummetroth nämlich keine gibt. Der SV hat nur zwei Teams, die erste und eine zweite Männermannschaft. Im Odenwald Jugendliche zu finden, die Fußball spielen wollen, das sei, wie die Nadel im Heuhaufen suchen. Nur drei Vereine in der Umgebung, erzählt Trizzino, hätten ein paar Nachwuchsmannschaften, Hummetroth eben keine. Trizzino hofft darauf, dass sich eine Spielvereinigung mit anderen Vereinen als Lösung ergibt. In Sicht ist die gerade aber nicht. Vielleicht ja aber, wenn es wieder ein paar Klassen abwärts geht und der Ruch des Emporkömmlings sich verliert. Der Unternehmer weiß nämlich, dass jede Investition irgendwann mal Früchte tragen soll. Die hängen aber nicht in der Hessenliga, sondern weiter darunter. "Irgendwann werden wir dort landen, wo sich der Verein selber trägt", sagt er, und hofft, dass Duelle wie solche gegen Hoechst dann wieder nach Odenwälder Art ausgetragen werden. Ohne Monopoly-Scheine.

Diese Serie ist Teil der Deutschland-Reise, die im aktuellen DFB-Journal zum Amateurfußball erschienen ist.  Das gesamte Magazin ist hier abrufbar.

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