Prominente Verstärkung für den Nordost-Regionalligisten FSV 63 Luckenwalde. Seit dem 1. Juli ist der ehemalige deutsche Nationalspieler und Champions-League-Sieger Jörg Heinrich neuer Trainer des Aufsteigers. Im FUSSBALL.DE-Interview spricht der 45-Jährige über die anstehenden Herausforderungen.
Der frühere Abwehrspieler wirft auch einen Blick zurück auf seine eigene Karriere. Heinrich gewann mit Borussia Dortmund zweimal die Deutsche Meisterschaft und einmal die Champions League. Außerdem wechselte er für die damalige Rekordsumme von 25 Millionen D-Mark zum AC Florenz. „Leider habe ich dieses Geld nie in der Hand gehabt“, sagt Heinrich.
FUSSBALL.DE: Herr Heinrich, seit gut zwei Wochen sind Sie neuer Trainer des Nordost-Regionalligisten FSV Luckenwalde. Wie sind Ihre Eindrücke bisher?
Jörg Heinrich: Sehr positiv. Ich freue mich auf diese Herausforderung. Ich betrete allerdings kein völliges Neuland. Denn ich hatte bereits Ende der vergangenen Saison einige Male die Gelegenheit, die Mannschaft zu beobachten. Und mein Eindruck hat sich bislang bestätigt: Die Jungs sind ungeheuer engagiert und wissbegierig. Sie ziehen toll mit bisher. Es macht großen Spaß.
"Die 25 Millionen war für mich kein Thema, weil ich dieses Geld leider niemals gesehen habe"
Mit welchen Zielen treten Sie in Luckenwalde an?
Es geht zunächst nur darum, dass wir den Verein nach dem Aufstieg nun in der Regionalliga etablieren. Man darf nicht vergessen, dass wir hier unter reinen Amateurbedingungen arbeiten. Alle Spieler gehen tagsüber arbeiten oder studieren. Wir können also nur abends trainieren. Das bedeutet im Klartext, dass wir pro Woche maximal sechs Trainingseinheiten zur Verfügung haben. Da hat der eine oder andere Konkurrent sicher andere Voraussetzungen. Aber das spielt für mich keine Rolle. Wir wollen den Klassenerhalt schaffen, alles Weitere wird dann folgen. Der Verein ist auf einem guten Weg – in jeder Hinsicht.
Zum Start geht es am 25. Juli gegen die Reserve von Hertha BSC Berlin. Wie schätzen Sie die Regionalliga Nordost ein?
Vier bis fünf Mannschaften wollen in die 3. Liga. Danach kommt ein sehr breites Mittelfeld. Dort wollen wir irgendwo unseren Platz finden. Natürlich wollen wir direkt zum Start die Euphorie mitnehmen und gegen Hertha punkten. Es ist entscheidend, dass meine Spieler schnell merken, dass in der Regionalliga ein anderer Fußball gespielt wird als in der Oberliga. Fehler werden ab sofort ziemlich schnell und gnadenlos bestraft.
Sie kommen als Aufstiegstrainer vom BSC Rathenow. Fiel der Abschied nach diesem Triumph nicht schwer?
Doch, natürlich. Ich hatte zwei sehr gute und lehrreiche Jahre in Rathenow. Als ich kam, ging es dort vor allem um Hobbyfußball. Ich denke, wir haben dort professionellere Strukturen entstehen lassen. Der Klub ist nun in der Landesliga angekommen. Ich habe allerdings immer betont, dass ich gerne den nächsten Schritt machen möchte, wenn das entsprechende Angebot kommt – deshalb war es auch nur logisch, dass ich mich der Herausforderung in Luckenwalde stelle. Ich habe als Spieler das Profigeschäft kennengelernt und ich sehe mich auch als Trainer dort.
Als Spieler standen Sie unter anderem beim SC Freiburg, Borussia Dortmund, dem AC Florenz und dem 1. FC Köln unter Vertrag. Wie eng ist Ihre Verbindung in den Profifußball noch?
Beim BVB hatte ich natürlich meine beste Zeit. Wir haben große Erfolge gefeiert, sind zweimal Deutscher Meister geworden und haben die Champions League gewonnen. Ich war fünfeinhalb Jahre dort. Da sind Freundschaften entstanden, die noch heute bestand haben. Bei fünf bis sechs Heimspielen bin ich im Stadion. Wenn es sich anbietet, fahre ich auch mal auswärts mit. Das eine oder andere Champions-League-Spiel habe ich gesehen. Man kann es vielleicht so zusammenfassen: Erst war ich Fan, dann bin ich Profi geworden, jetzt bin ich wieder Fan. So schließt sich der Kreis.
1998 haben Sie Schlagzeilen geschrieben. Sie sind Sie für die damalige Rekordsumme von 25 Millionen D-Mark zum AC Florenz gewechselt. Wie haben Sie diese Geschichte damals erlebt?
Diese Summe war für mich kein Thema, weil ich dieses Geld leider niemals gesehen habe. Entsprechend konnte ich das ganz gut ausblenden. Natürlich waren die Erwartungen danach in Florenz entsprechend höher. Deshalb war es auch eine wichtige Station in meinem Leben. Ich habe mich in Italien als Persönlichkeit weiterentwickelt. Die Serie A war damals mit Abstand die stärkste Liga der Welt. Acht oder neun Vereine haben zu dieser Zeit um den Titel gespielt – auch wir waren dabei. Giovanni Trapattoni war unser Trainer. Ich werde diese beiden Jahre immer in Erinnerung behalten – auch wenn nicht alles perfekt war.
Autor/-in: Martin Schwartz