Lieber fair absteigen als unfair drinbleiben, sagte sich Rico Weiler und gab zu, einen Treffer mit der Hand erzielt zu haben. Tragischerweise stieg der KFC Uerdingen am Ende der Regionalliga-Saison tatsächlich ab. Trotzdem würde er jederzeit wieder so handeln, verrät Rico Weiler im Interview.
Rico Weiler hatte nicht viel Zeit, seine Entscheidung zu überdenken: Alles ging ganz schnell, als er im März beim Regionalliga-Spiel seines damaligen Vereins KFC Uerdingen gegen Alemannia Aachen in der Nachspielzeit ein irreguläres Tor mit der Hand erzielte. Weiler gab gegenüber dem Schiedsrichter sein Handspiel zu und verhinderte so, dass das Tor zum 2:1-Siegtreffer in der letzten Minute gegeben wurde.
Nach seiner vorbildlichen Aktion wurde er vom Fußball-Verband Niederrhein und vom Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverband mit dem Fair Play-Preis ausgezeichnet und steht auch jetzt zur Wahl, wenn die Fair Play-Medaillen des DFB im Rahmen des Länderspiels gegen die Niederlande in Hannover vergeben werden. Im Interview mit FUSSBALL.DE spricht der Innenverteidiger, der inzwischen für Rot Weiss Ahlen in der Regionalliga West spielt, über seine Fair-Play-Aktion.
FUSSBALL.DE: Herr Weiler, nach Ihrer Fair-Play-Aktion wurden Sie vom Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverband (WFLV) mit dem Fair Play-Pokal ausgezeichnet. Beschreiben Sie uns doch einmal die Situation!
"Ich frage mich, warum Menschen für Ehrlichkeit ausgezeichnet werden. Für mich war es eigentlich selbstverständlich, so zu handeln"
Weiler: Es lief bereits die Nachspielzeit, wir bekamen einen Freistoß zugesprochen, der jedoch zur Ecke geklärt wurde. Diese kam dann gut in den Strafraum, ich wäre aber eigentlich nicht an den Ball gekommen. Dann bekam ich einen leichten Schubser vom Gegenspieler, sodass ich mit der Hand den Ball berührte und so das Tor erzielte. Zuerst habe ich verhalten gejubelt, weil ich gar nicht sicher war, ob der Ball direkt von meiner Hand ins Tor gegangen ist.
Wie kam es dann dazu, dass das Tor nicht gegeben wurde?
Weiler: Der Schiedsrichter hatte das Tor gegeben, doch nach den tumultartigen Szenen auf dem Platz kam er zu mir und hat mich gefragt, ob ich den Ball mit der Hand gespielt hätte. Ich hatte mich zuvor kurz mit unserem Trainer abgesprochen, auch er hatte das Handspiel erkannt. Ich habe dann dem Schiedsrichter gegenüber sofort das Handspiel zugegeben.
Wie reagierten Ihre Mitspieler und der Gegner?
Weiler: Der Schiedsrichter pfiff das Spiel eigentlich direkt nach dieser Szene ab, sodass im Spiel nichts mehr passieren konnte. Natürlich waren die Mitspieler enttäuscht, dass wir den Siegtreffer in letzter Sekunde so verpasst hatten, aber sie erkannten die faire Geste an und waren nicht sauer. Die Aachener Gegenspieler kamen alle auf mich zu und haben sich bedankt.
Damals sagten Sie, sie würden die Entscheidung nicht bereuen. Am Ende der Saison ist der KFC abgestiegen. Wie bewerten Sie Ihre Entscheidung vor diesem Hintergrund?
Weiler: Ich würde wieder genau so handeln. Zu dem Zeitpunkt des Spiels gegen Aachen hatten wir vier Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz, wir hatten also noch alles selber in der Hand. Am Ende der Saison sind wir mit fünf Punkten Abstand zum rettenden Ufer abgestiegen, es fehlten also nicht nur die zwei Punkte, die wir durch meine Aktion verloren haben.
Vor dem Spiel gegen Rot-Weiß Oberhausen im April dieses Jahres wurde die Ehrung durch den WFLV durchgeführt. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Weiler: Ich habe damals gar nicht verstanden, warum die Sache so eine große Welle gemacht hat. Ich frage mich, warum Menschen für Ehrlichkeit ausgezeichnet werden. Für mich war es eigentlich selbstverständlich, so zu handeln.
Das ist eine sehr lobenswerte Einstellung. Welchen Wert hat Fair Play für Sie im Sport im Allgemeinen?
Weiler: Fair Play muss ohne Frage unbedingt groß geschrieben werden! Man sieht im Sport an anderen Szenen immer wieder, wie groß die Benachteiligung für eine Mannschaft durch unfaires Verhalten sein kann. Dabei bedarf es doch nur so wenig, um mehr Gerechtigkeit zu schaffen. Das ist oft mit einem Wort getan.
Nach dem Abstieg mit dem KFC sind Sie nun seit wenigen Wochen für Ihren neuen Verein RW Ahlen aktiv. Wie fällt Ihr erstes Fazit aus?
Weiler: Der Kontakt zu Rot Weiss Ahlen bestand schon im Sommer, damals gab es aber mehrere Interessenten. Der Verein hat sich sehr um mich bemüht, das hat mir gut gefallen. Ahlen ist ein sehr interessanter Verein mit einer tollen Historie. Es macht bisher sehr viel Spaß.