Aus einer Idee wurde Realität. Frustrierte HSV-Anhänger hatten den HFC Falke vor rund einem Jahr gegründet. Im Oddset-Pokal gelang dem Team nun der erste Sieg in einem Pflichtspiel. Vor dem Anpfiff hatte der Hamburger SV per Twitter noch einen Gruß an den HFC geschickt.
Es sind noch fünf Minuten bis zum Spielbeginn. Vor dem Eingang hat sich eine Schlange mit Fans gebildet, die schnell noch in das Stadion möchten. Plötzlich dröhnt laute Musik aus den Boxen. Die Spieler betreten das saftig grüne Fußballfeld. Eine Fan-Choreografie mit vielen kleinen Fahnen sorgt für Gänsehaut. Nein, diese Szenen haben sich nicht vor einem Bundesligaspiel abgespielt. Im Gegenteil: Der Gastgeber dieses Spiels, der Hamburger Fußball-Club Falke e.V., gehört mit der Kreisklasse 5 der niedrigsten Liga im Hamburger Fußball an.
"Wir wollen gleich in unserer ersten Saison aufsteigen"
Dass dennoch 750 Zuschauer zum ersten Pokalspiel des HFC Falke erscheinen, liegt an der besonderen Gründungsgeschichte. Der Klub wurde von langjährigen Fans des Hamburger SV ins Leben gerufen, die sich nach der letztjährigen Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung des HSV abgewandt hatten. Nach einer mehr als einjährigen Planungsphase fand am Samstag das erste Pflichtspiel der Vereinsgeschichte statt.
“Nun können wir endlich genießen, was so lange vorbereitet wurde”, sagt der spielende Co-Trainer Christopher Dobirr. Der 35-jährige Innenverteidiger hat bereits höherklassig Erfahrung gesammelt, unter anderem in der Oberliga gespielt. Selbiges trifft auf viele seiner Mannschaftskameraden zu. Grund dafür, dass sie sich nun einem neugegründeten Verein angeschlossen haben, ist unter anderem die Euphorie der Fans. “Es ist einfach der Wahnsinn, was hier los ist. Ich hatte Gänsehaut, als wir einliefen”, sagt Dobirr.
Trikots sind der Verkaufsschlager
Die Fan-Choreographie hat ihn offenbar beflügelt. Der HFC Falke findet die ersten 15. Minuten zwar schwer in die Partie. Kontrahent West-Eimsbüttel aus der Kreisliga hat sogar die erste Großchance zu verbuchen. Doch nach einem Eckball gelingt Dobirr per Kopf das 1:0 für die Falken. “Standards sollen unsere Waffe sein. Es ist toll, dass das heute funktioniert hat”, erzählt Trainer Dirk Hellmann später.
Nicht nur die Spieler, auch die Fans liegen sich nach dem ersten Pflichtspieltor der Vereinsgeschichte in den Armen. Ihre Liebe zum Verein ist groß. Der beste Beweis: Zwei Fans aus Jerusalem und zwei Fans aus Wales reisten extra an, um den Falken die Daumen zu drücken. Vor Ort bekamen sie die Gelegenheit, sich ordentlich mit Fan-Accessoires einzudecken. Die Auswahl am Fan-Stand ist ähnlich umfangreich wie bei einem Profiverein. Vom Schal bis zum Flaschenöffner, vom Aufnäher bis zum Spielplakat, vom Stadionheft bis zum Pin ist alles vorhanden. “Unser Verkaufsschlager ist das Trikot. Wir haben bereits über 200 Stück verkauft”, erzählt der Sportliche Leiter Nils Kuntze-Braack stolz.
Unter der Anfeuerung der lautstarken Fans übernehmen die Falken immer mehr das Spielgeschehen. Die wenigen Chancen der Gäste pariert Torwart Dennis Verstege, der in der Jugendabteilung des Hamburger SV ausgebildet wurde, meisterlich. Dann ist Halbzeit. Eine lange Schlange bildet sich vor dem Würstchen-Stand. Kein Wunder: Bratwurst und Schinkenwurst kosten jeweils nur einen Euro. Auch das Bier ist mit 1,50 Euro günstiger als auf vielen anderen Fußballplätzen. Die niedrige Preisgestaltung gehört zum Konzept. Der HFC Falke möchte eine Alternative zum kommerziellen Fußball sein, wo der Profit im Vordergrund steht. Auch die Eintrittspreise wurden gering gehalten. Eine Dauerkarte für Erwachsene kostet 30 Euro, ermäßigt 15 Euro. “Der Vorverkauf hat gut begonnen”, sagt Präsidentin und Gründerin Tamara Dwenger. “Wir haben erst beim heutigen Spiel mit dem Verkauf begonnen und hatten bis zum Abpfiff bereits 110 Stück verkauft.”
Der Aufstieg ist das Ziel
Der HFC Falke ist ein erfolgsorientierter Verein. “Wir wollen gleich in unserer ersten Saison aufsteigen. Mit dieser Zielsetzung wurde die Mannschaft zusammengestellt”, sagt Trainer Hellmann. Mittelfristig sieht sich der Verein in der fünftklassigen Oberliga Hamburg. Welch großes Potential in der Mannschaft steckt, zeigt sich spätestens in der zweiten Halbzeit des Pokalspiels. Obwohl der Kader ein zusammen gewürfelter Haufen ist, der erst seit einem Monat zusammen trainiert, bestimmen die Falken nun das Spielgeschehen. Die Stürmer Timo Braasch und Christian Schümann sorgen mit ihren Treffern für den 3:0-Endstand.
“Es war ein verdienter Sieg für die Falken. Sie haben wenig zugelassen, standen gut und waren gerade bei den Standards gefährlich”, so der gegnerische Trainer Markus Dolle nach Spielende. Die Pressekonferenz ist für Amateurfußball-Verhältnisse ungewöhnlich gut besucht. Von der Bild-Zeitung bis zur Deutschen Presse-Agentur sind sämtliche Medienvertreter nach Hamburg-Stellingen gekommen, um über das erste Pflichtspiel der Falken zu berichten. Selbst der Hamburger SV hat offenbar ein Herz für den Verein ihrer ehemaligen Fans. “Wir wünschen dem HFC Falke heute viel Glück bei ihrem ersten Pflichtspiel im Oddset-Pokal!”, twitterte der Bundesligist eine Stunde vor Spielbeginn. Es hat offenbar geholfen.