Antonio Munoz, Angreifer des 1. FC Bocholt aus der Oberliga Niederrhein, und Mittelfeldspieler Ugur Tunc vom Kreisligisten SC 09 Uelzen geben gegenüber ihren Schiedsrichtern zu, dass sie im Strafraum nicht gefoult wurden, sondern gestolpert waren - und die Unparteiischen ziehen jeweils ihre Elfmeter-Entscheidung zurück. Unsere Amateure. Große Gesten!
Es passierte während der ersten Halbzeit der Oberliga Niederrhein -Partie zwischen dem 1. FC Bocholt und den Sportfreunden Baumberg (1:3). Die Gäste führten 2:0. Mit einer dynamischen Aktion drang Bocholts Angreifer Antonio Munoz (27) in den Baumberger Strafraum ein. Nach einem Zweikampf mit Sportfreunde-Verteidiger Gordon Weniger entschied Schiedsrichter Marcel Donath auf Foulelfmeter für die Hausherren. Es wäre die große Chance zum Anschlusstreffer für den ehemaligen Zweitligisten vom Bocholter „Hünting“ gewesen. Doch Munoz ging aus eigenen Stücken zum Schiedsrichter und teilte ihm mit, dass es kein Foulspiel war, sondern dass er vielmehr gestolpert sei. Deshalb nahm der Unparteiische seine Entscheidung zurück.
Nur wenige Tage, nachdem Paul Mitscherlich vom Landesligisten Germania Schöneiche einen aus seiner Sicht unberechtigten Strafstoß absichtlich verschossen hatte ( FUSSBALL.DE berichtete ), setzte damit erneut ein Amateurfußballer ein eindrucksvolles Zeichen für Fair Play.
„Ich war mir zunächst eigentlich sicher, dass Antonio gefoult wurde, und deshalb völlig verwundert über seine Aktion“, berichtet Bocholts Trainer Manuel Jara im Gespräch mit FUSSBALL.DE . „Aber selbstverständlich bin ich stolz auf das Verhalten von Antonio. Es war eine überragende Geste! Genau das verlangen wir aber auch von unseren Spielern. Damit hat er ein Zeichen für die Werte des Vereins gesetzt“, so Jara weiter.
"Einen Timo Werner gibt es am Hünting nicht"
Auf der Homepage des Traditionsvereins stand dann auch geschrieben: „Einen Timo Werner gibt es am Hünting nicht.“ Schließlich hatte die große öffentliche Diskussion rund um den unberechtigten Foulelfmeter von RB Leipzigs Angreifer in der Bundesligapartie gegen den FC Schalke 04 (2:1) wohl auch Einfluss auf die Entscheidung von Munoz, sich an den Schiedsrichter zu wenden.
„Das war auf jeden Fall ein Thema in der Mannschaft. Man sah am medialen Echo und an den Reaktionen im Stadion, dass der Umgang von Timo Werner und von RB Leipzig mit dem Thema nicht glücklich war. Die Kameras hatten schließlich deutlich belegt, dass es eine Schwalbe war“, meint Trainer Jara: „Umso löblicher ist das Verhalten von Antonio. Denn er musste nicht damit rechnen, von Kameras als Schwalbenkönig überführt zu werden, und hat sich dennoch entschieden, zum Schiedsrichter zu gehen. Daran kann sich jeder ein Beispiel nehmen.“
Auch Gästetrainer Salah El Halimi fand nur lobende Worte für den Bocholter Stürmer: „Riesenrespekt! Ich kann nur den Hut davor ziehen, dass er das in dieser Phase des Spiels so macht. Das gibt es selten.“
Bitterer Beigeschmack für Bocholt: Bis auf Munoz‘ eindrucksvolle Fair Play-Geste dürfte die Partie gegen die Sportfreunde Baumberg nicht gerade in bester Erinnerung bleiben. Neben dem Spiel verloren die Westmünsterländer in der Schlussphase mit Marc Beckert (Tätlichkeit) und Torhüter Maik Welling (Handspiel außerhalb des Strafraums) auch noch zwei Spieler durch Rote Karten. In der Tabelle belegt der FCB trotz der Heimniederlage den vierten Platz. Spitzenreiter SpVg Schonnebeck ist aber bereits neun Punkte entfernt.
Auch in Uelzen in Niedersachsen hat ein Amateurspieler der Fußballwelt gezeigt, wie Fair Play funktioniert: Wie az-online.de mit der Überschrift "Fairness in Reinkultur" berichtet , wurde Mittelfeldspieler Ugur Tunc von Kreisligist SC 09 Uelzen in der 55. Minute beim Spielstand von 4:0 von einem Akteur des Gegners TSV Wriedel vermeintlich im Strafraum gefoult. Schiedsrichter Felix Pellnath entschied auf Strafstoß. az-online.de zufolge passierte anschließend Folgendes: "Tunc stand sofort nach dem Schiedsrichterpfiff auf, eilte zu Pellnath und erklärte ihm, dass er überhaupt nicht berührt wurde. Pellnath nahm daraufhin seine zuvor getroffene Entscheidung zurück. Alle Achtung, Ugur Tunc und Felix Pellnath!"
Tunc, der in der siebten Minute zur frühen 1:0-Führung getroffen hatte, und seine Uelzener Kameraden gingen nach 90 Minuten als klarer 5:1-Sieger vom Feld und belegen mit nur einem Punkt Rückstand auf Tabellenführer SV Eddelstorf weiter Relegationsplatz zwei.
DFB honoriert Fair Play
Ohne Fair Play geht es nicht. Fairness ist die Grundlage des Fußballs, bedeutet aber mehr als das Einhalten der 17 Fußball-Regeln. Dem sportlichen Gegner – auch in der Hitze des Wettkampfs – mit Respekt zu begegnen, seine Chancengleichheit zu wahren, das ist Fairness. Faire Prinzipien dienen als Kompass für erfolgreiches Handeln in vielen Lebenssituationen. Der Fußball kann hierfür ein Vorbild sein, insbesondere wenn bereits Kindern und Jugendlichen bei der Ausübung ihres Sports eine faire Grundeinstellung vermittelt wird.
Aus diesem Grund verleiht der Deutsche Fußball-Bund (DFB) jährlich die "Fair Play-Medaille". Bereits seit 1997 zeichnet er mit dieser Verleihung besonders faire Spieler, Mannschaften und Funktionäre aus. Besonders faire Aktionen können in der Rubrik Fair ist mehr gemeldet werden.
Autor/-in: mspw/FUSSBALL.DE