Eigentlich überwiegt beim Kick in der Kreisliga C eher der Spaß. Eigentlich sind Spieler mit Ende 20 auf dem Zenit ihres fußballerischen Schaffens angekommen. Und eigentlich heißen Vereine „FC“, „SV“ oder „VFL“. Aber sind wir mal ehrlich. Was ist bei den Holzpfosten Schwerte schon normal? Der Verein aus dem Ruhrpott mischt seit nunmehr zehn Jahren in der Fußball- und Futsallandschaft mit und ist in dieser Saison das FUSSBALL.de-Team des Jahres.
Der Klub ist in vielerlei Hinsicht anders, aber eines hat er mit allen Amateurvereinen der Republik gemeinsam. Ohne ehrenamtliches Engagement wäre die Existenz des Vereins undenkbar. Grund genug, in der Themenwoche Ehrenamt einen Schwerter vorzustellen, der sogar im außergewöhnlichen Umfeld der Holzpfosten noch auffällt.
Philip Laufer hat eine Mission. Als „Headcoach Amateure“, also als Trainer der zweiten Fußballmannschaft der Holzpfosten Schwerte, ist es sein Ziel, die Mannschaft aus Deutschlands niedrigster Spielklasse herauszuführen. „Mit der Vorgabe habe ich vor vier Jahren hier angefangen und ich höre nicht auf, bevor die Mission erfüllt ist“, sagt der 29 Jahre alte Trainer. Moment. 29? Trainer? Wieso spielt der junge Mann nicht selbst, wird sich mancher Fußballkenner fragen. Philip Laufer hat gespielt. Recht erfolgreich sogar, denn mit 21 Jahren war er Torhüter beim Geiseker SV in der Bezirksliga.
Typ Jürgen Klopp
"Die Jungs geben mir so viel, ich kann das gar nicht richtig erklären"
„Es lief ganz gut“, meint er rückblickend. Dann allerdings kam das verhängnisvolle Testspiel, in dem er sich die Wirbelsäule brach und zwei Bandscheiben rausflogen. Erst im Krankenhaus kam Laufer damals wieder zu Bewusstsein und auf die Frage, wann er wieder Fußball spielen könne, bekam er nur zu hören, „dass ich froh sein solle, wenn ich mich überhaupt wieder vernünftig bewegen kann“. Ein Jahr lang dauerte die Reha. Dann kehrte Laufer tatsächlich noch einmal auf den Rasen zurück. „Ich wollte das Ende meiner aktiven Zeit einfach selbst bestimmen“, erläutert er seine damaligen Beweggründe. Vier Spiele absolvierte der Torhüter noch, dann war Schluss. Zumindest aus körperlicher Sicht, denn sein Kopf und sein Herz hingen weiterhin am Fußball. „Da war es schon brutal nur zusehen zu dürfen“, gibt Laufer zu.
Als Bankkaufmann hat er auch beruflich wenig mit Sport zu tun. Nach zweijähriger Pause stieg er schließlich als Jugendtrainer ein, coachte eine D- und eine A-Jugend. Und schließlich saß der damalige Geschäftsführer der Holzpfosten auf Laufers Sofa. „Ich kannte den Verein natürlich seit seiner Gründung“, sagt Laufer. Als Trainer wollte er aber eigentlich nicht einsteigen. Eigentlich. „Ich war am Tag nach dem Gespräch am Sportplatz, um abzusagen, aber irgendwie habe ich nicht die passenden Worte rausbekommen“, schildert er. Also hat er doch zugesagt und den Tabellenvorletzten der Kreisliga C übernommen.
Seitdem läuft seine „Mission Aufstieg“, die er in den vergangenen Jahren mehrmals nur knapp verpasste. Auch in dieser Spielzeit ist die Meisterschaft abgehakt. Platz vier steht momentan auf dem Papier. „Dann versuchen wir es eben nächstes Jahr wieder“, bleibt der Trainer optimistisch. Er sei ein Typ Jürgen Klopp, sagen viele Holzpfosten. Positiv verrückt, mit unglaublicher Energie an der Linie und immer ehrgeizig. Dieses positive Feedback ist sein Lohn. Eine Bezahlung bekommt Laufer als Ehrenamtler nicht.
Kreisliga statt Bezirksliga
„Meine Mannschaft steht hinter mir, zieht überragend mit und glaubt an unsere Mission“, sagt der Trainer. „Es hat sich ein richtiges Lebensgefühl entwickelt und das ist für mich der größte Lohn.“ Diese Einstellung mache das Ehrenamt seiner Meinung nach auch aus. Alles für den Club. Sogar in seiner schwersten Zeit. Vor drei Jahren erkrankte Laufer an schwarzem Hautkrebs, der auch noch streute. Neben seiner Familie waren die Holzpfosten für ihn ein großer Rückhalt. „Der Verein war ein Grund für mich, überhaupt positiv weiterzumachen“, erzählt Laufer. Er war auch während seiner Chemotherapie dreimal in der Woche am Sportplatz und trainiert eseine Mannschaft. „Die Jungs geben mir so viel, ich kann das gar nicht richtig erklären“, sucht Laufer nach Worten, um seine Beziehung zum Verein zu beschreiben.
Er besiegte schließlich den Krebs und investierte immer mehr Zeit in seinen Trainerjob. Darüber hinaus schreibt er bei Facebook regelmäßig den „Amateurblick“ mit aktuellen Einschätzungen der Kreisliga C Iserlohn. Philip Laufer lebt seinen Verein und seine ehrenamtliche Tätigkeit. Deshalb hegt er momentan auch keinerlei Ambitionen nach oben. Er hätte schon Trainer in der Bezirksliga werden können, aber er bleibt lieber bei seinen Jungs. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Eigentlich.
Zuletzt über das Team des Jahres
Teil 40: Wenn Holzpfosten um die Doppelten schnibbeln
Teil 39: Amateurfußball-Klischees: Was ist dran?
Teil 38: Herr Haziri, wie ist das als Klopps Friseur?
Teil 37: Holzpfosten: Online-PR wie die Profis
Teil 36: Holzpfosten global: Sticker geht um die Welt
Teil 35: Ode an die Freunde: Holzpfostens tolle Fans
Teil 34: Endstation: Deutsche Futsal-Meisterschaft
Teil 33: Holzpfosten Schwerte: Futsal pusht Fußball
Teil 32: Futsal-Meister? Holzpfosten sind #finalgeil
Teil 31: Teams des Jahres: Hauptsache, authentisch
Teil 30: “Der Spaß soll nicht verloren gehen“
Autor/-in: Christoph Pieper