Alte Liebe rostet nicht. Ende der 1960er Jahre kickte Hans Lubberich beim SV Neufirrel in Ostfriesland. Mehr als 30 Jahre später ließ ein Foto die Erinnerungen wieder aufleben. Heute ist er dem Verein näher als je zuvor. Trotz einer Entfernung von rund 650 Kilometern verfasst er seit einem Jahrzehnt eine Saisonchronik – jedes Jahr.
"Die Bücher werden von Jahr zu Jahr interessanter und dicker"
Das Stöbern durch alte Fotos ist wie eine Zeitreise. Fast schon vergessene Erinnerungen kommen zum Vorschein. So war es auch bei Hans Lubberich, als ihm ein Mannschaftsbild aus dem Jahre 1968 in die Hände fiel. 19 Jahre ist er damals alt gewesen. Es war die Zeit der Hippies, der Rolling Stones und des nicht enden wollenden Vietnam-Krieges. Hans Lubberich war damals bei der Bundeswehr, fuhr sein erstes Auto und hatte noch das ganze Leben vor sich. Die Fußballmannschaft war damals der Mittelpunkt seines sozialen Lebens.
Doch nach seinem Austritt im Jahre 1970 hieß es: aus den Augen, aus dem Sinn. “Das war damals eine richtig schöne Zeit. Trotzdem hat man danach nie wieder etwas voneinander gehört”, erzählt der heute 66-Jährige. Umso größer war der Wunsch, die vergangenen Tage wieder aufleben zu lassen. Schnell suchte er im Internet die Adresse heraus, um dem Verein einen Brief zu schreiben. Glücklicherweise fiel dieser in die Hände seines damaligen Mitspielers Johann Becker, der noch heute als Platzwart im Verein tätig ist. “Einige Zeit später hatten wir uns getroffen. Seitdem sind wir wieder beste Freunde”, erzählt Hans Lubberich.
Berichterstatter aus der Ferne
Die Liebe zu seinem damaligen Verein ist so groß, dass Hans Lubberich unbedingt eine Funktion beim SV Neufirrel einnehmen wollte. Nicht ganz einfach, wenn die Distanz zum heimischen Nürnberg rund sechseinhalb Autostunden beträgt. Eine Tätigkeit als Zeugwart oder Betreuer fiel damit flach. Also wurde er zum “Berichterstatter aus der Ferne“. Jahr für Jahr erstellt er nach jeder Saison eine Chronik - und zwar mit einem Umfang von rund 180 Din A4-Seiten. Er fährt sogar extra nach Ostfriesland, um ein Mannschaftsfoto und Spielerportraits anzufertigen.
Während der Saison hält er per Telefon Kontakt. Schließlich soll jedes einzelne Spiel in der Chronik mit einem ausführlichen Bericht vertreten sein. Kaum ist ein Spiel abgepfiffen, ruft Hans Lubberich bei seinem Kumpel Johann Becker an und fragt nach dem Spielverlauf. Weitere Informationen findet er auf FUSSBALL.DE und in der Regionalzeitung, die er einzig wegen der Berichte über den SV Neufirrel als ePaper abonniert hat. Sogar der Saisonverlauf aller Ligakonkurrenten findet in seiner Chronik Erwähnung. “Es ist eine zeitaufwändige Arbeit, die ganzen Informationen zusammenzubekommen. Aber es macht mir viel Spaß”, sagt er.
Film zur Meisterschaft
Hans Lubberich ist längst wieder im Vereinsleben integriert - fast so wie Ende der 1960er Jahre. “Wenn ich beim Verein vor Ort bin, werde ich von allen Spielern begrüßt. Alle kennen mich dort”, sagt er. Kein Wunder: Schließlich sorgt er dafür, dass jeder Sieg und jedes Tor in Erinnerung bleibt. Die Chroniken sind aus dem Vereinsheim, wo gerne darin gestöbert wird, nicht mehr wegzudenken. “Die Bücher werden von Jahr zu Jahr interessanter und dicker. Alle im Verein sind begeistert davon, was der Hans für uns macht”, sagt Johann Becker.
Bei sportlichen Erfolgen greift Lubberich sogar zu besonderen Maßnahmen. In der Saison 2013/2014 gewann der SV Neufirrel die Meisterschaft in der Ostfrieslandklasse B Staffel 5. Für Hans Lubberich war es Ehrensache, für das letzte Saisonspiel anzureisen und einen Film zu drehen. Schließlich gibt es Tage, die sollen niemals in Vergessenheit geraten.
Weitere Folgen der Kultfiguren -Serie:
Teil 50: Urgestein Karl Schmidt: Vorbild seit 1948
Teil 49: Chronist Lampey: Mit Lewandowski in Straelen
Teil 48: Mit 82: „Der Alte an der Pfeife“ hört auf
Teil 47: Marion Jochheim: Einmal Mutti, einmal Mutti
Teil 46: Der “Effenberg von Seeheim” macht Schluss
Teil 45: Karl-Heinz Pflumm: Der Freund der Schiris
Teil 44: Hauke Janssen: Deutschlands verrücktester Trainer
Teil 43: Jochen Baumann: Ältester Keeper Deutschlands?
Teil 42: Murat Karakas: Fladenbrot und Fallrückzieher