Vereinswechsel: Das musst du wissen!
Sommerzeit ist Transferzeit: Das ist im Amateurfußball nicht anders als in der Bundesliga. Hier gibt's die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vereinswechsel.
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Trainer-Urgesteine: Thomas Schaaf (links) und Esad Kahric. [Foto: Fotos Getty, imago; Collage FUSSBALL.DE]
Nach 24 Jahren im Verein und zwölf Jahren als Trainer trat Esad Kahric 2013 spektakulär ab beim FC Memmingen. Nun hat der treue Esad eine neue Liebe: Den 1. FC Sonthofen will er in die Regionalliga Bayern führen. Der 57-Jährige, der einst mit Ex-Löwen-Stürmer Bernhard Winkler zusammen spielte, ist unsere FUSSBALL.DE-Kultfigur der Woche.
"Über Geld haben wir in keinem Jahr länger gesprochen als zwei Minuten"
Manchmal ist Fußball auch mehr als nur die schönste Nebensache. Für Esad Kahric zum Beispiel bedeutet er mittlerweile sehr viel mehr, auch wenn er das in München im Jahr 1988 noch nicht ahnen konnte. Damals kickte der bosnische Spielmacher für den Bayernligisten Türk Gücü. Hinter dem Mittelfeldspieler stand Gerald Hillringhaus im Tor, mit seinen Pässen bediente er den Stürmer namens Bernhard Winkler, Trainer war Peter Grosser – eine legendäre Zeit im Münchner Dantestadion.
Im ehemaligen Jugoslawien hatte Kahric schon in der ersten Liga gespielt, eine kurze Profikarriere schien für den damals 29-Jährigen auch in Deutschland möglich. Immerhin wurde er als Türk-Gücü-Spieler von Darmstadt 98 zum Probetraining eingeladen. „ Eckard Krautzun war damals Trainer. Aber er konnte sich nicht entscheiden. Diese Ungewissheit – da bin ich dann nach Hause“, erzählt Kahric. Er dachte, sein Auslands-Intermezzo sei schon wieder beendet. Doch am selben Tag, als er wieder in Bosnien ankam, dem 30. Juni 1989, erreichte ihn dort der Anruf eines Freundes – er könne in der kommenden Saison beim FC Memmingen spielen. Die Schwaben waren gerade ihrerseits in die Bayernliga aufgestiegen und suchten nun Verstärkung. „Ich hatte keine Ahnung, wo Memmingen liegt“, erzählt Kahric heute, reiste aber zehn Tage später dorthin.
Kahric kam und spielte gut, wenig später half der Verein maßgeblich mit, dass seine Familie nachreisen konnte. „Ich bin dem FC Memmingen für die Aufenthaltsgenehmigung sehr dankbar, dass meine Frau und meine Kinder all den Hass und das Leid in der Heimat nicht miterleben mussten.“ Der Fußball hatte die Familie Kahric vor dem Krieg bewahrt, den 1989 noch niemand hatte kommen sehen.
Heute kennt jeder Amateurfußballfan in Südbayern den akribischen Trainer, denn die Beständigkeit in seiner Arbeit sucht seinesgleichen. Daran gemessen könnte man ihn den Thomas Schaaf der Bayernliga nennen, zumal die Dienstzeiten Kahrics und die des langjährigen Trainers von Werder Bremen nahezu zeitgleich verliefen. „Ich habe sehr viel erlebt mit Memmingen“, sagt Kahric. Seine Söhne spielten später auch für den FC, phasenweise sogar unter ihrem Vater. „Es ist Teil unseres Konzepts, dass der Verein familiär geführt wird. Esad Kahric hat da in jeder Beziehung dazu gepasst“, sagt FC-Präsident Armin Buchmann.
Allein sein letztes Bayernliga-Spiel als Aktiver taugt schon zum Amateursport-Legendentum. Am 21. Mai 1999, es war der letzte Spieltag der Saison, trat der FC beim 1. SC Feucht an, allerdings mit stark dezimiertem Kader. Ein Mitspieler reiste mit dem Auto an, stand im Stau und schaffte es nicht bis zum Anpfiff. Man ging mit nur zehn Mann ins Spiel. „Nach vier Minuten fiel das 1:0 für Feucht“, erinnert sich Kahric, der damals, schon 40 Jahre alt, durchspielte. Der Mitspieler kam nach einer halben Stunde am Stadion an und wurde ohne Aufwärmen eingewechselt. Memmingen gewann das Spiel – mit 6:5. Und Kahric, der in der ganzen Saison nur ein Tor erzielt hatte, traf in dieser Partie zweimal.
Solche Spiele mögen dazu beigetragen haben, dass aus Kahric und dem FC Memmingen eine geradezu epische Beziehung wurde. Vor allem aber war es Kahrics Dankbarkeit geschuldet. Denn der Verein hatte ihm mittlerweile auch einen Arbeitsplatz besorgt – er arbeitet übrigens bis heute in derselben Firma, und wohnt noch in der gleichen Wohnung, 500 Meter vom Stadion entfernt. Mit kurzen Unterbrechungen spielte er für seinen neuen Heimatklub und wurde 1994 Co-Trainer der zweiten Mannschaft, fortan war er immer dort tätig, wo er gebraucht wurde.
Endgültig zum Chefcoach des Bayernliga-Teams wurde er 2002. Geldsorgen plagten den Verein, die Steuerfahndung war zu Gast, die Mannschaft stieg ab, die Trainer wechselten schnell: Hermann Badstuber, der mittlerweile verstorbene Vater des FC Bayern-Profis Holger, sowie Reiner Maurer waren darunter. Kahric war einfach immer da, irgendwann wurde klar, dass er der richtige Mann für den schweren Job war. Und ihm gelang es dann auch, die Mannschaft wieder in eine ruhigere Zeit zu führen. Es folgten zwei Aufstiege, es ging zurück in die Bayernliga und 2010 dann auch in die neue Regionalliga Bayern.
Im September 2013 – die Mannschaft war schlecht in die Saison gestartet – geschah dann das Unfassbare: Kahric trat nach mehr als 24 Jahren im Verein und nach zwölf Jahren als Cheftrainer am Stück zurück. Wenn man will, kann man heute zwischen den Zeilen heraushören, dass sich Kahric damals nicht allzu gut behandelt fühlte, sein Traineramt war in Frage gestellt worden. Im Streit hat man sich trotzdem nicht getrennt: „Wir haben da den Punkt für eine Veränderung erreicht“, sagt Präsident Buchmann, der kein schlechtes Haar an Kahric lässt: „Er ist geradlinig, fleißig, eine Persönlichkeit.“ Und zugleich bodenständig: „Über Geld haben wir in keinem Jahr länger gesprochen als zwei Minuten“, so Buchmann.
Wenige Wochen nach seinem Abgang wurde Kahric Trainer beim Bayernligisten 1. FC Sonthofen , den er 2015 zu einer Spitzenmannschaft formte – auch mithilfe des einen oder anderen Memminger Spielers, den er dort loseisen konnte. Seitdem gilt der Trainer als Defensiv-Spezialist, denn die Allgäuer bekommen wenige Gegentore und lassen insgesamt auch wenige Chancen zu. Kahric wehrt sich allerdings ein wenig dagegen, Catenaccio-Liebhaber zu sein: „Vielleicht meinen die anderen Trainer das Sonthofen von früher“, glaubt er. Er selbst lege Wert auf konzentriertes Umschaltspiel und eine „gute Organisation gegen den Ball“, mehr nicht.
Es ist gut möglich, dass Kahric in Sonthofen noch eine Ära nach der Ära erlebt. „Wenn in einer Familie jeder weiß, was er zu tun hat, dann funktioniert die Familie.“ Und die Mannschaft scheint sehr gut zu funktionieren. Insofern scheint der Familienmensch eine neue fußballerische Heimat gefunden zu haben. Und dieser bleibt Esad Kahric für gewöhnlich sehr lange treu.
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